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die Magister-Würde annahm, und, wie alle Umstände schliesien
lassen, als Lehrer seiner Lieblingswissenschasren auftrat. Doch war sein
Aufenthalt wieder nicht von langer Dauer; denn er wurde mit dem be-
rühmten Arzte Mart in Polisch von Mellerstadt bekannt, der,
nach seiner Vorliebe für das Haus Sachsen, in dessen Diensten er stand,
ihn bewog, im Sommer 1486 nach Leipzig zugehen, wo er nicht
nur Vorlesungen über alte Sprachen und Dichtkunst hielt, sondern auch
seine ^r5 vei-zitican^i et (^rmillurn zum erstenmahl herausgab.
Dieses, zwar noch sehr unvollkommene, aber für seine Zeit ganz neue
und ausgezeichnete Werkchen machte solches Aufsehen, daß der Churfürst
von Sachsen ihn im folgenden Frühjahre mit sich auf den Reichstag nach
Nürnberg nahm, und hier den Kaiser Friedrich bewog, ihm (am
18. April 1437) mit eigener Hand den Lorbeerkranz aufzusehen, und
ihn zum Dichter zu krönen; eine Ehre, die C. unter allen Deutschen
zuerst empfing, und desihalb nicht wenig schätzte. Er kehrte nun zwar
nach Leipzig zurück, wo er eine Ausgabe der beyden Tragödien des
Seneca, ltei-cules lu56N5 und 1"l^68t65, besorgte; aber die Verfol-
gungen der alten Doctoren und Magister, die mit seiner neuen Lehrart
und der daraus hervorgehenden Beeinträchtigung ihrer scholastischen
Weisheit unzufrieden, überdieß auf den glücklichen Erfolg seiner Be-
mühungen und die ihm widerfahrene Ehre neidisch waren, brachten ihn
bald dahin, Leipzig wieder zu verlassen. Er wandte sich nun nach
Rostock; entschloß sich aber bald zu einer Reise nach Italien. Er trat
sie vermuthlich noch 1437 an, und sie mag wohl ein volles Jahr ge-
dauert haben. — An die Beendigung dieser ital. Reise schloß sich un-
mittelbar der Anfang jener weitläufigen Reisen durch Deutschland und
andere benachbarte Lander, welche den größten Theil von C.'s Leben aus-
füllten. Von Regensburg reiste er durch Böhmen und Schlesien
nach Krakau, wo er zwey Jahre verweilte, und sich theils als Lehrer
im Fache der alten Literatur und Dichtkunst beschäftigte, theils unter
einem damahls berühmten Lehrer, Albert v. Brudlew (auch Al-
bertus Brutus oder Prutenus genannt) , dem Studium der
Mathematik, welches nach damahligen Begriffen so viel sagen will, als
der Astronomie, oder vielmehr Astrologie, widmete. Während dieser
Zeit machte er, außer einigen kleinen Reisen, auch zwey größere, die
eine nach Ungarn, die andere, dem Laufe der Weichsel entlang, vom
larpathischen Gebirge an, durch ganz Polen und Preußen, wo er be-
sonders in mehreren preußischen Städten, die ibn noch an deutsche Art
erinnerten, verweilte; auch, vermuthlich von Danzig aus, die Ost-
see beschiffte. — Im Frühjahr 1491 kehrte er von Krakau wieder nach
Deutschland zurück, verweilte einige Zeit in Prag, und machte von
hier aus verschiedene Reisen durch Böhmen. Vermuthlich würde er sich
für einen längeren Aufenthalt in Prag entschieden haben, aber allzu-
spöttische, beleidigende Äußerungen über die Religionsgebräuche der Utra-
quisten, und über manche böhm. Nationalsitten, zogen ihm solche Feind-
schaft und Verfolgung zu, daß er sich genöthigt sah, im Aug. 1491
Prag in größter Eile zu verlassen. 1492 trat er sein öffentliches Lehr-
amt der Beredsamkeit und Dichtkunst in Ingolstadt an. Zum Be-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Volume 1
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe A-D
- Volume
- 1
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 788
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie