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Cholera im österr. Raiserstaare :c. 535
den cernirten Ortschaften gegen uncernirte in günstigerem Verhältnisse und
üoerall wählte die Seuche, ohne Rücksicht auf Absperrungen, willkühr-
lich ihre Opfer. In allen Provinzen und Orten der Monarchie, wo die
Ch. entweder schon ausgebrochen war, oder auszubrechen drohte, wur-
den zur "Unterstützung der Kranken, Armen und Arbeitlosen, so wie zur
innern Einrichtung der neu organisirten Ch.-Spitaler Sammlungen ver-
anstaltet, und es kamen bey dieser Gelegenheit nahmhafte Betrage von
edlen Menschenfreunden ein, besonders aber durch die Gnade des Monar-
chen selbst, dessen väterliche Sorgfalt sich in dieser Zeit der schweren Prü-
fung durch die Unterstützung Tausender von erwerblosen Individuen bey
Niederösterreich ein und brach, nach vorhergegangenem dreytägigen Re-
gemvetter, in derNacht vom 13. auf den 14. Sept. plötzlich und auf das
Heftigste m Mitten der innern Stadt Wien aus, von wo sie sich mit
unglaublicher Schnelle auch in die Vorstädte verbreitete. und viele Opfer,
so w:e durch dle alljettlge ^üereltwlUlgkelt, den, den Österreichern mnner
eigenen frohen Muth und das allgemeine^ Zutrauen in die Maßregeln
der Regierung wurden die Schrecken dieses Übels in etwas gemindert und
den Behörden die Erfüllung ihrer Obliegenheiten wesentlich erleichtert.
Nachdem der Kaiser seinen bisherigen Aufenthalt zu Baden mit dem im
Lustschlosse Schönbrunn vertauscht hatte, kam er zum Troste seiner
bedrängten Unterthanen häusig in die Stadt, besuchte theils die öffent-
lichen Arbeiten, theils die für den Ausbruch der Ch. seit längerer Zeit vor-
bereiteten Spitäler, ertheilte die gewöhnlichen Audienzen und erschien
mehrere Mahle, von der Kaiserinn und den übrigen Gliedern der kaiserl.
Familie begleitet, im Burgtheater, wo dieselben jedesmahl von den An-
wesenden mit herzlicher Rührung und dem lautesten Jubel empfangen
wurden. 'Die Communication mit dem kaiserl. Schlosse Schönbrunn
aber'blieb fortwährend offen. Übrigens stieg die Zahl der an der Brech-
ruhr Erkrankten, welche den 13. Sept. 5 betrug, den 14. auf 41, und
betrug den 15. schon 139, den 16., 127, den 17., 111 und den 13., 130.
Wäre 5ie Sache nicht an sich eine zu traurige Erscheinung gewesen, so
hätten übrigens gewiß die bey d'er Annäherung und dem Eintreffen der
Seuche verschiedenartig angepriesenen und angewandten Präservative und
Privatcernirungen eine lächerliche Seite dargebothen. Das Eine schützte
sich mitKalt, das Andere mit Warm, jener mit Essig, dieser mir Wasser,
nnd beträchtliche Summen wurden für theures Camillenöhl und Ma-
ilim Liälnullli im vollsten Wortverstande vergeudet. Gegen die
iontät wurden die lebhaftesten und nutzlos
schäfts- und gesellschaftliche Verkehr jedoch abnahm, und die üblen Fol-
gen dieses gespannten Zustandes wären in jeder Rücksicht unberechenbar
gewesen, hätte nicht Gottes Hand wieder sichtbar über Osterreich gewal-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Volume 1
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe A-D
- Volume
- 1
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 788
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie