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Convertiten in Oesterreich. 597
eine gemasiigr-freymüthige Richtung. Es kam in 8. anfangs bey W a l-
l ishausser, zuletzt bey Gerold in Wien heraus.
Convertiten in Oesterreich. Sowohl im österr. Kaiserstaate,
als auch im Auslande herrscht unter der Mehrzahl der Protestanten das
Vorurtheil, daß jeder zum Übertritt sich meldende Protestant oder Israe-
lit ohne allen Anstand und ohne Prüfung in den Schooß der römisch-
kathol. Kirche aufgenommen/ und wegen dieses Schrittes unterstützt,
belohnt und zu Amtern befördert werde. Nicht jeder zum Übertritt sich
Meldende wird zugelassen (notorisch Unwürdige, die der katholischen
Kirche zur Schande gereichen wurden, werden sogleich abgewiesen) und
keiner ohne Unterricht in der römisch-kathol. Religionslehre und ohne
Prüfung aufgenommen. Jeder, der sich in dem österr. Kaiserstaate beru^
fen fühlt, zur römisch-kathol. Kirche überzutreten, muß die betreffende
geistliche Behörde ersuchen, ihm einen katholischen Priester anzuweisen,
der ihn in der katholischen Religionslehre, nach den bestehenden k. k.
Vorschriften, sechs Wochen hindurch unterweise, und dann seinen Be-
ruf und seine Würdigkeit sorgfältig prüfe. In dieser Bittschrift muß er
zugleich auf seine Ehre und sein Gewissen versichern, daß er sich in
seinem vorigen Leben ehrlich aufgeführt, und sich seinen üblen Ruf zu-
gezogen habe ,^ auch nicht mit Schulden belastet sey; daß er bey seinem
angesuchten Übertritte keine zeitliche Absicht habe und von keinem Men-
schen gezwungen, verführt oder durch Schmeichelet) und Versprechen an-
gelockt worden sey; daß er also auf keine zeitliche Hülfe, Unterbrin-
gung, Empfehlung, Beförderung, unter dem Vorwande des Übertritts
baue, noch künftig bauen werde; daß er sich endlich bestreben werde,
nicht nur dem Nahmen, sondern auch den Sitten und dem Lebenswandel
nach ein Katholik zu seyn. Es ist durchaus falsch, daß man in Osterreich
bey Beförderungen eine besondere Rücksicht auf C. nimmt. In Osterreich
erhalten auch die C. durchaus leine Geldunterstützungen. Es gibt nur
einige wenige alte C.-Stiftangen für ganz dürftige C. mit zahlreicher
Familie. In Ungarn laßt allerdings der mildthätige römisch - katholische
Clerus armen und nothdürftigen, besonders mit vielen unversorgten
Kindern belasteten C. eine Zeitlang eine maßige Unterstützung ange-
deihen, aber nicht wegen des Übertrittes, sondern weil sie durch den
Austritt aus ihrer Kirche in ganz neue Verhaltnisse eintreten und zum
Theil ihre Erwerbsquellen verlieren, z. B. übergetretenen protestanti-
schen Predigern und Schullehrern, oder solchen, die von ihren vorigen
Glaubensgenossen, deren Zutrauen sie durch ihren Schritt einbüßten,
gehaßr und verfolgt, im Erwerb gehindert und beeinträchtigt werden,
was vorzüglich von getauften Juden gilt. Zu einer solchen Unterstützung
dient in Ungarn auch der sogenannte C.-Fond, von welchem die meisten
Protestanten im I n - und Auslande irrige Vorstellungen hegen. Er
war ehemahls ansehnlich, und betrug zu Anfang 1311 im Ganzen
103,600 fl. Bancozettel im Capital. Durch mehrere Stiftungsurkun-
den wurde auch den zur katholischen Kirche übergetretenen protestanti-
schen Jünglingen die Aufnahme in den adeligen Convicten Ungarns,
selbst wenn sie unadelig waren, vor allen andern Concurrenten zuge-
sichert. Der heimliche Übertritt zur katholischen Kirche ist im österr.
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Volume 1
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe A-D
- Volume
- 1
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 788
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie