Page - 607 - in Österreichische National-Enzyklopädie - Buchstabe A-D, Volume 1
Image of the Page - 607 -
Text of the Page - 607 -
C o st e n o b l e. 607
1770. Noch dem frühzeitigen Tode seines Vaters, eines reforminen
Predigers, besuchte er die Domschule zu Magdeburg, ging aber
hier unter der Leitung eines barbarischen Subconrectors im Wissen eher
rück- als vorwärts, auch seine Versetzung in die Friedrichoschule fruchtete
.nicht viel mehr, da demKnaben bereits der regste Widerwillen gegen alles
Lernen eingeflößt worden war, desto machtiger regte sich die schon früh
erwachte Liebe zur darstellenden Kunst in seinem Gemüthe, da er Gele-
genheit hatte, ein Marionettentheater zu besuchen. Die Wirkung, welche
dieses Schauspiel auf ihn machte, war außerordentlich, noch höher aber
steigerte sich sein Entzücken, als er bald darauf von einer lebenden Schau-
spielergesellschaft das alte bekannte Stück: Galora von Venedig, auf-
führen sah. Von nun an war ans ernste Schulstudium nicht mehr zu den-
ken, nur die Gestalten der Bühnenwelt schwebten vor den Augen des
Jünglings. Die bald darauf erfolgte Aufführung des Sh akesp eare'-
schen Meisterwerks Hamlet machte natürlich noch einen bey weitem
größern Eindruck auf ihn und entschied seinen Beruf auf das bestimmte-
ste. Von jetzt an brachte er seine Zeit größtentheils mit Lesen aller nur
aufzutreibenden Theaterstücke zu, bald fand sich auch Gelegenheit, auf
einer Privatbühne seine Talente glänzen zu lassen. In der Folge ver-
mochte er endlich dem heftigen Kunstdrange nicht länger zu widerstehen,
er entfloh 1790 aus Magdebu rg, wurde durch Vermittlung Klinge-
m a n n's bey der Truppe derKlo ß und Bute nop in Wisma r, doch
ohne Gehalt, angestellt. Er debutirte das ersteMahl als Peter in Men-
schenhaß und Reue, und gefiel sehr. 1792 zog C. mit Buten op nach
Berl in, woselbst er mit Beyfall auftrat, jedoch kein Engagement an-
nahm. Von da besuchte er Magdeburg, sah seine Mutter wieder und
widmete sich auf ihr Zureden dem Studium der Musik, wollte sich auch
mit Ernst zum künftigen Capellmeister bilden, als ihn der Schauspiel-
director Quan dt vermochte, sich in lessenTruvpe aufs Neue der darstel-
lenden Kunst zu widmen. Er folgte ihm nach Baireuth, und obwohl
sich Quandt's Unternehmen nicht lange hielt, wurde C. doch bald wie-
der im Fache der Intrigants beym Salzburger Theater angestellt, wel-
ches damahls Carl Maria von Weber's Vater dirigirte. 1795 wurde
er inNürnberg, 1796 in Magdeburg, 1793inAlrona engagirt,
bis er endlich 1301, seinem innigsten Wunsche gemäß, ein Engagement
auf der Hamburger Bühne erhielt und daselbst durch 17 Jahrein ver-
schiedenen Rollenfächern mit dem ehrendsten Beyfall spielte. 1315 ward
er jedoch bey der Directorswah! übergangen und verließ, dadurch ge-
kränkt, auch diese Bühne. Nachdem er 1816 in Wien und Prag mit
entschiedenem Beyfall Gastrollen gegeben hatte, erhielt er einen Ruf an
die taiserl. Hofbühne in Wien und trat daselbst im May 1313 zum
ersten Mahl als engagirtes Mitglied auf. Er wurde sonach Regisseur
dieser Bühne für den außerordentlichen Dienst, und nach dem Tode Koch's
1831 trat er an dessen Stelle als wirtlicher Regisseur. C. gehört unstrei-
tig zu den begabtesten Künstlern unsererZeit,semeDarstellungen des Klo-
sterbruders im Nathan, des Shewa im Juden, des Shylor im Kauf-
mann von Venedig , des alten Rapid im Schneider und sein Sohn, des
Hermann in: Er mengt sich in Alles, und des Dichters Hild in Dein-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Volume 1
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe A-D
- Volume
- 1
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 788
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie