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Franz I, Raiser von Oesterreich lc. 575
bezweifeln, hatte schon damahls Einigkeit und thätiges Zusammenwirken
der andern Höft Statt gefunden.— Nachdem sich Erzherzog Franz
noch als Kronprinz den 19. Sept. 1790 zum zweyten Mahl mit Maria
Theresia, TochterF erd in an d'sIV., Königs beyder Sicilien, und Ma-
ria Carolinens, Tochter der großen Theresia, einer ihrer un»
sterblichen Großmutter vollkommen würdigen Prinzessinn vermahlt hatte,
starb Kaiser Leopold nach kurzer Regierimg den 29. Febr. 1792, und
Franz I I . bestieg den Thron seiner Väter in einem Zeitpuncte der größ-
ten politischen Gährung. Er wurde zum König von Ungarn gekrönt den
6. I»ny, zum römisch-deutschen Kaiser den 14. Iuly, und zum König
von Böhmen den 5. Aug. desselben Jahres. Noch vor seiner Thronbestei-
gung, den 29. April 1792, hatte ihm die französische Republik den Krieg
erklärt und mit diesem Tage begann der ewig merkwürdige Weltkampf,
welcher, mit wenigen Unterbrechungen, volle 23 Jahre bis zur Schlacht
von W a t « r l o o wahrte, in welchem der Kaiser so große, feinem
Herzen, wie seinem Lande tiefe Wunden schlagende Opfer brachte, in wel»
chem jedoch auch die Größe und Standhaftigleit des Einen wie des Andern
sich im erhebendsten Lichte zeigten, und aus welchem der Kaiser mit einer
sittlichen Glorie hervortrat, wie sie kaum noch je das Haupt emes seiner
weltberühmten Ahnen umleuchtet hatte. Ersah den ungeheuern Streit zwi«
schen Altem und Neuem und fühlte sich berufen, der Anmaßung blinder
Neuerungswuth entgegenzutreten, und seiner hohen Würde als deut«
scher Kaiser gemäß, auch dann, wenn alle andern Mächte ihn verließen,
auch dann,'wenn alles zu mißlingen schien, seinen hohen Zweck mit fe»
ster Ausdauer Und unerschütterlicher Geduld zu verfolgen. —> Im Aug.
1793 erfolgten die Kriegserklärungen Frankreichs an England, Holland
und Spanien, wie das allgemeine Aufgeboth der französischen Nation,
und nun begann der Krieg mit abwechselndem Glücke. Kaiser Franz
war persönlich bey der Armee in den Niederlanden zugegen, und obschon
sich Preußen, Spanien und Hessen 1795 von der allgemeinen Verbin-
dung trennten und separate Friedensverträge mit Frankreich schlössen,
setzte der Kaiser, in Verbindung mit der Reichsarmee, den Krieg allein
fort. — Nicht Erbitterung gegen wahre freye Ideen seiner Zeit war
diese Beharrlichkeit zu Nennen; ei war auch nicht der Wunsch der unbe»
dingten Wiederherstellung des Alten, denn wie oft und unverkennbar
bewies der humane Kaiser, daß er Neues ehre, wenn es zugleich das
Bessere sey; auch nicht die Grundsätze der Legitimität allein konnten den
Kaiser vermögen, sein und der Seinigen, ja des ganzen Volkes Out und
Blut für den ungewissen Ausgang so blutiger Kriege zu wagen; war
doch sein Thron durch die Regententugenden seiner Vorfahren, durch er-
probte Unterthanenliebe in so viele« Jahrhunderten und eben so sehr durch
seine Gerechtigkeit und Milde als durch sei» Recht gesichert; der wahre
Zweck des langen Kampfes war die Aufrechthaltung der Gesetze, der Re-
ligion und innerer Ordnung Europa's. Als die Franzosen nach mehreren .,
Waffenthaten der gegenseitigen Heere 1797 in Steyermark eingedrun-
gen waren, wurde am 17. Oct. desselben Jahres der erste Friede mir
Frankreich zu Campo Formio geschlossen, wodurch für Osterreic!>
Belgien verloren ging und Salzburg erworben wurde. Zu jener Zeic
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe E-H, Volume 2
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe E-H
- Volume
- 2
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 696
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie