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was er sich selbst schuldig war, und suchte sich durch anhaltendes tiefes Stu-
dium zu jener Wissenschaft vorzubereiten,, die einst an ihm einen ihrer
würdigsten Koryphäen finden sollte. Diese war die Münzkunde. Wo aber
konnte F. schneller und gewisser seinem weitgestellten Ziele naher rücken,
als in Wien, wo das Doppelgestirn der Numismatik, Christian
Eckschlagerund Carl Granel l i sein herrliches Licht über die noch
dunkelgebliebenen Felder des Alterthums und des Mittelalters warf. Letz-
terer besaß selbst ein kostbares Cabinet, das besonders an griechischen Mün-
zen reich war, nebst einer diesem Fache gewidmeten Handbibliothek. Ab-
gerufen von seiner mühevollen Schöpfung, hatte Oranel l i noch am
Sterbebetteden stärkenden Trost, daß sie in die Hände des berühmten
Eckhel kam, dessen Nahmen Deutschland mit hoher Achtung nennt,
und der durch seine Werte sich zum Range der ersten Alterthumsforscher
erhob. In diesem Museum fühlte auch F. sich glücklich, und bildete seine
annquarischen Kenntnisse zu jener Reife aus, die ihm eine ausgezeichnete
Stelle unter den Numismatikern und Geschichtsforschern seiner Zeit an-
gewiesen hat. Als unter der unsterblichen Mar ia Theresia die The-
resianische Ritterakademie gegründet wurde, erhielt F. den Auftrag, nicht
nur die Aufsicht der Bibliothek, sondern auch das Lehramt der Geschichte,
Diplomatik, Wapenkunde und der griechischen Sprache zu übernehmen.
Wie glänzend er den Erwartungen, die er von sich erweckte, entsprach,
bezeugten seine Zuhörer, aus denen m'ehrere in den Annalen der österr.
Literacur unvergeßlich bleiben. F. blieb nicht bey der kalten Zergliederung
der Worte stehen, sondern drang in den Geist und die Tiefe des Autors,
den er erklärte, und suchte auf diese Art, durch einen hinreißenden licht-
vollen Vortrag der Wissenschaft die anziehendsten Reize zu geben. Erar<
beitete in dieser Zeit an seinem herrlichen Werke, das für Kärnthens Ge-
schichte ein wahrer Schatz bleibt.Als dergroßcMusenfreundFra »z I. das
Verzeichnis; seinerwahrhaft kaiserlichen Medaillensammlung 1755 ans Licht
stellen ließ, wurde F. mit deFrance, Duval und Khel l zur Ausfer-
tigung desselben verwendet, und loste diese Aufgabe zur vollkommen-
sten Zufriedenheit seines Monarchen. Er hatte das seltene Glück, daß er von
Allen in seinen geistigen Vorzügen erkannt und geliebt wurde, selbst
der hochverdiente van Swieten gehörte unter seine Verehrer. Aber
auch im Auslande fand er die verdienten Trovhäen seines Ruhmes. Fr.
Gor i in Florenz, ApostoloZeno und der Marchese Savorgna-
no in Venedig, der gelehrte Barthelemy in Par is und I.
Gottfr. Richter in Dresden, mit denen er einen geistreichen Brief-
wechsel unterhielt, waren enthusiastische Verkündiger seiner Verdienste.
Gleich nach der Übernahme der Bibliothek arbeitete F. an einem alpha-
betischen Cataloge, nach dessen Vollendung ihn der Entwurf eines Ma-
terienverzeichnisses beschäftigte, um jedem Freunde der Wissenschaft die
Zugänglichkeit zu den literarischen Schätzen der Anstalt zu erleichtern.
Allein eine schmerzvolle Steinkrankheit machte die Ausführung seiner
Idee' scheitern uud nöthigte ihn sich einer gefährlichen Operation zu
unterwerfen. Der Freyherr van Swieten selbst war Zeuge und Be-
wunderer der außerordentlichen Geduld und Resignation des Leiden-
den. Die Genesung war nicht von Dauer und F. beschloß sein chäti«
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe E-H, Volume 2
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe E-H
- Volume
- 2
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 696
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie