Page - 264 - in Österreichische National-Enzyklopädie - Buchstabe E-H, Volume 2
Image of the Page - 264 -
Text of the Page - 264 -
264 Galizien und Lodomerien. I. Geschichte.
Eroberung Lodomeriens durch die Russen vollendet, und selbst das Land
der Przemysl'schen und Tscherwen'schen Chorwaten erobert, der westli-
chere Theil war aber bereits von Polen abhängig, hatte jedoch noch seine
eigenen Würsten, nach deren Aussterben sich der polnische König Casi-
mir dieses Theiles von Roth-Reussen völlig bemächtigte, und die polni-
sche Verfassung einführte. Inzwischen war auch das östlichere Land an
dem Dniester u. s. w. bereits im I I. Jahrhunderte durch die Polen den
Russen abgenommen worden, aber bald riß es sich wieder von aller
Verbindung mit Polen und Kiew los, und es bildeten sich unter dem
Schutze der Ungarn eigene Fürstenthümer, besonders zu Wladimir
(1078), Przemysl (1094) und Terebowl(1097), dann zu Halicz (1123)
unter dem ungarischen Prinzen B o r i s selbst, welches Fürstenthum
auch bis 1230 bey Ungarn verblieb, und sich bis dahin bereits durch die
vorigen vergrößert hatte.— Die Einfälle der Mongolen, die auch einen
großen Theil von Ungarn verwüsteten, veränderten vieles in den Verhält»
nissen zwischen Ungarn und Roth-Reussen; denn der Titel eines Königes
oder Herzoges von Halicz war mit des Prinzen Colomann's Tode er-
loschen, der an seinen in dem unglücklichen Treffen gegen die Mongolen
amSajo erhaltenen Wunden starb, weilauchDaniel Romanowitsch,
welcher der letzte Herzog von Halicz, als Vasall Ungarns gewesen war,
entweder zu Grunde ging, oder sich an einen unbekannten Ort rettete, so
daß keine weitere Spur von ihm entdeckt wurde.—Sobald sich die Mon-
golen theils zurückzogen, theils wieder vertrieben wurden, nahmen die Po-
len und Lithauer Besitz von Roth-Reussen und dem Lande im Norden der
Karpathen, aber auch den lithauischen Antheil brachte König Casimir
durch Hülfe seines nahen Verwandten, König Ludwig's von Ungarn, un-
ter seine Herrschaft, und schloß darüber 1352 mit Letzterem einen Erbfol«
gevertrag, kraft dessen Ludwig nachCasim ir, wenn dieser ohne männli-
che Erben sterben sollte, in der Regierung von Polen und Roth-Reus-
sen zu folgen hätte, hinterließ aber Casimir männliche Erben, so siel
an Ungarn bloß Roth-Reussen gegen Bezahlung von 100,000Goldgul-
den, zurück.KönigLudwig der Gro ßefo!gteaber1370inbeydenLän-
dern, und übergab sogleich dieVerwaltung von Roth-Reussen an ungari-
sche Beamte, welchen er den vormahligen ungar. Reichspalatin Ladis-
laus, Herzog von Ovpeln, 1373 als Regenten des Landes vorsetzte.
So wurde Roth-Reussen von Polen sowohl in volitischer, als auch spä-
ter durch Einsetzung eines Erzbischofes in Halicz in hierarchischer Hinsicht
ganz getrennt. Allein diese Trennung dauerte nur bis nach Ludwig's
Tode; denn nachdem seine ältere Tochter Mar ia , die dem Könige
Siegmund angetraut war, von den Polen nicht als Königinn ange»
nvmmen, sondern die zweyte Tochter H ed wig von ihnen begehrt, und
ihr der lithauische Prinz Iag je l '.um Gemahl gegeben wurde, so siel
auch schon 1390 Roth-Reussen an Polen zurück, indem Hedwig selbst
eben zur Zeit, als ihr Gemahl (der als Christ den Nahmen Wladis-
law annahm) in Lithauen beschäftigt war, sich an die Spitze eines pol-
nischen Heeres stellte, und den ungar. Statthalter Emerich Bubek
mit seinen Untergebenen, so wie die Besatzungen der Städte Lcmberg,
Przemysl, Ia ros law, Grodek, Halicz und Terebowl
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe E-H, Volume 2
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe E-H
- Volume
- 2
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 696
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie