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6 Iacquin, Nieol. Ios. Freyh. v.
Schiller erzogen hatte. Ihn begleitete I. nicht selten auf seinen botani-
schen Wanderungen um Leyden, und einst an elnem schönen Sommer-
morgen in den öffentlichen Garten, wo eben der Cactus speciosns zuni
ersten Mahle die ganze Pracht seines Blüthenkelches entfaltete. Der Samm-
ler griechischer Blumen stand entzückt vor diesem Werke der Natur; und
ganz Auge für das Festkleid/ ganz Ohr für die Worte seines Freundes/
der ihm die Geheimnisse und die Forschung in der Pflanzenwelt an diesitt'
Prachtpflanze erklärte, fand er sich von beyden gleich stark ergriffen. Das
war der Augenblick, der den zündenden Funken in I.'s Seele warf,
und eine Leidenschaft, die spater seinen Ruhm begründete, die nur mit
seinem Leben erlosch, in ihm entfaltete. I. machte von nun an dieschnell-
sten Fortschritte in der Pflanzenkunde, die er mehr feinem Freunde
Theodor und dem Schulgartner Meerburgh , als den Vorlesun-
gen Adr ia n's van Royen verdankte. Die vertraute Bekanntschaft mit
der Pflanzenwelt ließ ihn nach und nach auch Geschmack an der Arzney-
Wissenschaft' ftlden. Er widmete sich mit vielem Fleiße bey Musche n-
broeck der Naturlehre, unter Gaub i u s der Chemie, unter den Brü»
dern Be rnha rd und S ieg fr ied Alb inus der Zergliederung und
Naturkunde des menschlichen Körpers. Bey einer besonderen Scheu vor
innerlichen Krankheiten bestimmte er sich zur Ausübung der Wundarzney-
kunde, uttd unternahm, um seine Bildung zu vollenden, eine Reise
nach Frankreich. In Par i s trat er eine wundärztliche Gehülfenstelle
an, und besuchte zugleich Ant. Iussieu's Vorlesungen über Pflan-
zenkunde und Be rn h. Iu ssieu's Anlagen. Ein alter Freund seines
väterlichen Hauses, der Freyherr Gerard van Sw ie ten , lud ihn
zu sich nach Wien ein, um theils an derneuenmedicin.pracrischenAn-
stalt seine Studien zu vollenden, theils zu seinem Nachfolger ausgebil-
det zu werden. Botanisirend von Frankreich aus bis nach Osterreich, und
links und rechts ausschweifend, kam er 1752 in Wien an. Er hörte
de Haen's und van Swieten's Vorlesungen/ knüpfte Freundschaft
mit den Erlesensten seines Alters, mit dem nachher so berühmt geworde-
nen Freyherrn von Störck, mit Lagusius, mit I os. Schreibers,
und erklärte ihnen, oft berichtigend, den Urtext desH ip po kra tes.Aber
nicht die KunE des Hipp okra tes war seine Bestimmung. —Als um
diese Zeit Kaiser Franz den Entschluß faßte, seine Sammlung von Na-
turseltenheiten sowohl im Schonbrunner Garten als im Naturaliencabi-
uete aus Westindien zu bereichern, gedachte er I . , den er oftmahls bey
Spaziergängen im Garten von Schönbrun n, wo er bald Pflanzen be-
schrieb, bald ihre Nahmen den beyden Gärtnern von S ro ckh o fen und
van der Schott bestimmte, antraf. I. hatte bereits auch ein Verzeichc
niß der Schonbrunner Pflanzen nach der Linne'schen Geschlechtslehre,
die in Osterreich noch wenig bekannt war, zu Stande gebracht. Ihm
wurde nun die Reisenach Westindien, und die Leitung des ganzen durch
seine Folgen für Osterreich und für die gelehrte Welt überhaupt wichtig
gewordenen Geschäfts aufgetragen.—Nachdem er während eines kurzen
Aufenthaltes im südlichen Frankreich die Rolandsgrotten, Beaume de
Laubiöre ul-d Carry erforscht, 17 Kisten mit Zoophyten und Fossilien
für Wien gesammelt, in Marse i l le den berilhmten de laConda-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Volume 3
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe I-M
- Volume
- 3
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 768
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie