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84 Ioseph II., romisch - deutscher Raiser.
bunden waren, und wo noch mehrfache Gegenwirkungen durch hervorge.-
brachte Meinungen und Gewohnheiten Statt fanden, theilweise unvor,
theilhaft einwirken und das Mißlingen/mehrerer seiner durchdachtesten
Pläne herbeyführen mußte. Daher auch sein so oft getadeltes rasches Über,
gehen von einem Plane zum andern, so wie seine schnell nach einander
folgenden Verordnungen, wovon nicht selten eine neue die vorhergehende
wieder aufhob. Dieser übrigens fürÖsterreich inneres Wohlunsterbliche und
unvergeßliche Fürst wurde geboren zu Wien den 13. März 1741, zu den
Zeiten der großen wortbrüchigen Coalition gegen seine Mutter und die
von allen Fürsten Europa's garantirte pragmatische Sanction. Würdevoll
trat Theresia mit ihrem Kronprinzen, der als Säugling von einer
Amme gelragen wurde, den 11. Sept. 1741 zu Preß bürg in den
Versammlungssaal des ungar. Reichstages, den treuen und ritterlichen
Ungarn, zur Zeit der Noth, als die feindlichen Scharen St . Polten
erreicht hatten und Wien zur Übergabe aufforderten, sich, ihr Kind,
ihre Kronen, Ehre und Freyheit empfehlend. Mit welchem Enthusiasmus
ihre Anrede aufgenommen wurde, und wie ihre Erwartungen'auf das
glänzendste gerechtfertigt wurden, ist weltbekannt. Die treuen Ungarn zu
ehren, kleidete Theresia fortan ihren Kronprinzen in die Tracht dieses
Volkes und die ungar. Sprache wurde ihm schon in frühester Kindheit
beygebracht. Sein Obersthofmeister war ebenfalls ein Ungar, Feldmar-
schall Fürst Carl Bat thyany. In der Religion, Logik und Experi-
mentalphysik erhielt er von dem als Orientalisten bekannten Jesuiten Patet
Franz Unterricht, sem Lehrer in der Mathematik war der geistvolle In»
genieur B requ in , Mar t i n i in den juridischen Studien, Leporini
in der Geschichte, Christoph Freyh. v. Bar ten stein in der Politik
und österr. Staatengeschichte, Beckin der Geschichte des deutschen Reiches.
I. faßte zwar sehr leicht und schnell, behielt aber weniger, als seine
jüngern Brüder Car l und Leopold. In den Leibesübungen jedoch,
zumahl in jenen, welche irgend einen Bezug auf den Soldatenstand ha«
ben, that er es seinen Brüdern weit zuvor. Die Musik lernte und liebte
er leidenschaftlich und sie blieb bis an seinen Tod seine liebste Erholung.
1759 sollte er den Feldmarschall Daun in den preußischen Feldzug be>
gleiten, Mar ia Theresia nahm jedoch, zu seiner großen Kränkung,
diese Erlaubniß wieder zurück, wahrscheinlich weil sie mit Recht fürI.'s
entschiedene Vorliebe sür die Waffen besorgt war, und sie befürchtete, er
mochte in der Folge mehr Geschmack an Feldzügen als an den stillen und
segensreichen Geschäften und Sorgen des Friedens sinden. 1760 vermahlte
sich I. mit der Prinzessinn Mar ia Isabel la von Bourbon, Tocb<
ter des Herzogs Phi l ipp von Parma, diese von ihm innigst geliebte
Gemahlinn wurde ihm jedoch schon am 27. Nov. 1763 wieder durch den
Tod entrissen, sie hinterließ ihm nur 2 Tochter, wovon die erste, M a»
ria Theresia, am 20. März 1762 geboren wurde, und am 93.
Jan. 1770 starb; die zweyte, Christ ine, aber den 22. November
1762 geboren wurde und starb. Letztere Entbindung führte auch lilb
den Tod der Mutter herbey. Zum zweyten Mahle vermahlte sich?.
mit Mar ia Iosepha von Bayern, Tochter Kaisers Carl
Churfürsten von Bayern, eine Ehe, die nur durch das Staattil'.tcrcsse
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Volume 3
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe I-M
- Volume
- 3
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 768
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie