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86 Joseph l l . , römisch-deutscher Raiser.
mark, bey Neustadt in Mahren, bey Pesth, bey Prag zc. an-
geordnet. Endlich war es eines der ersten Geschäfte I.'s I I . den Sold
mehrerer Branchen zu erböhen und.für die Erziehung der Soldatenkin-
der väterlich zu sorgen. Über große Zwecke jedoch nicht die Bedürfnisse
des Augenblicks übersehend, zeichnete sich der große Kaiser auch durch
viele nützliche und wohlthätige innere Einrichtungen aus) die bewiesen,
daß er nicht nur das Wohl, sondern auch selbst das Vergnügen seiner
Unterthanen sich zur Sorge machte, und deren wohlthätigen Wir-
kung wir uns noch heute zu erfreuen haben. Besonders sind es die
Wiener, die ihm in dieser Hinsicht vieles zu verdanken haben. Eröffnete
zuerst den Prater, diese unerschöpfliche Quelle von Volksbelustigungen,
dann auch den Augarten, dessen Eingang noch jetzt seine Menschenfreund«
liche Widmung trägt, dem ganzen genußliebenden Publicum. Die
Esplanade (Olacis), welche die Stadt Wien von den Vorstädten fchei.»
det, wurde gereinigt/ von Chausseen und Fußsteigen durchschnitten,
und bald darauf auch mit Alleen und Laternen besetzt. Auch den geistigen
Bedürfnissen des Volkes wußte Z. I I . auf die gemessenste Weise entge-
genzukommen. Unter ihm entstand zuerst das eigentliche stabile deutsche
Theater in W ien , das Hoftheater nächst der kais. Burg benannte er
deutsches Nationaltheater, und bestimmte es ausschließend dem deutschen
recitirenden Schau - und dem deutschen Singspiele. Den vortheilhaft
bekannten Hofschaufpieler Mü l l e r sandte er durch ganz Deutschland, um
die geschicktesten Schauspieler für die Nationalbuhne anzuwerben :c.
Bald ereignete sich aber eine Gelegenheit, seine menschenfreundlichen
Gesinnungen im vollsten Glänze zu zeigen und darzuthun, daß I. II.
nicht bloß aus leerer Formalität Hand an den Pflug gelegt hatte. 177!
—72 brach nähmlich, in Folge der Statt gehabten Mißjahre, in Öster-
reich und Mähren, vorzüglich aber in Böhmen eine drückende Hungers:
noth aus. I. flog zur Hülfe herbey, steuerte dem Wucher so wie dem
listigen Aufkauf der Nachbarn, und verbesserte mit durchgreifenderKraft
die Anstalten der dortigen Behörden. Den 1. April 1777 reiste I. II.
unter dem Nahmsn eines Grafen von Falkenstein nach Paris,
überraschte daselbst seine königlichen Verwandten, besah alles Merkwür-
dige, entzückte Jedermann durch sein einnehmendes, herablassendes Be-
tragen, und verschaffte den Parisern zum ersten Mahl den ungewohnten
Anblick, in seiner Gesellschaft, den König und die Königinn ohne alles
Hofgepränge auf'den Spaziergängen zu sehen. Mach einem sechswochent-
lichen Aufenthalte verließ I. P a r i s wieder, bereiste die Seehafen
Frankreichs, ging von Bordeaux bis über die spanische Gränze,
und kehrte über M a r s e i l l e und Lyon zurück. Wie in Paris/
schlug er allenthalben alle feyerlichen Empfänge und Festins aus. Bey
seiner Rückreise in die Erbstaaten besuchte er in Genf den Gelehrten
Saussure, in Bern, Albrecht v. Ha l le r , nur durch Ferney
reiste er kalt und theilnahmlos, ohne Vo l ta i re , zu dessen tiefsten
Gram, besucht zu haben. Den I.Aug. traf der Kaiser wieder in Wien
ein. Kurz nach seiner Ankunft brach nach dem Tode des Churfürsten
Max im i l i an J o s e p h von Bayern der bayerische Erbfolgelrieg
aus. Osterreich machte, kraft alter Vertrage, Ansprüche auf Niederbayer",
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Volume 3
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe I-M
- Volume
- 3
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 768
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie