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bavkeiten des Hofmarschallamtes nnd Obersthofgerichts, des Landmar-
schalls, der Universität, der Consistorien:c. erloschen, und der Magi-
strat wurde die allgemeine Gerichtsstelle für Unadelige, das Landrecht
für Adelige«, s. w. — Nachdem bereits unter M a r i a Theresia die
Begräbnisse in und an den Kirchen und Grüftengrößtentheils untersagt,
theils beschränkt worden waren, wurde im Beginne des Jahres 1784 jedem
Bezirk sein Kirchhof außer den Linien angewiesen und die bisherigen
Gottesäcker in den Vorstädten gesperrt, auch bewilligt, daß sie nach
Verlauf eines vollen Iahrzehends verbaut werden dürften. Dieselbe Ein-
richrung hatte in den Provinzen Statt. Den Kirchenvorständen wurde
zugleich gebothen, die Bekleidungen der Crucifixe, Marien- und Hei-
ligenbilder und die Votivtafeln und Opfer hinwegzunehmen. Es erschien
um dieselbe Zeit auch ein neues Ehepatent, das die Gränzen der weltli-
chen und geistlichen Gerichtsbarkeit bey diesem, für Sittlichkeit und Er-
ziehung so wichtigen Gegenstand mit festen Umrissen vorzeichnete. Die
vermeintliche Schande unehelicher Geburt und gewisser, gleichwohl un?
entbehrlicher Beschäftigungen wurde aufgehoben, die Zwangsvorschriften
bey den Zünften und Handwerken als erloschen erklärt. Es wurden ernst-
liche Versuche gemacht, die besonders in Ungarn zahlreichen Zigeu-
ner, welche bisher keine Polizeyverordnung und selbst die strengsten
Strafen nicht umformen konnten, die bloß von der Geige, dem Am?
bos, Pferdehandel, Stehlen und von vermeintlicher Schwarzkunst und
Wahrsagerey lebten, höchstens sich als Abdecker oder Scharfrichter brau-
chen ließen, zu irgend einer nützlichen Thätigkeit zu bringen und ins
bürgerliche Leben einzuführen. -^- Die inländische Industrie trachtete der
große Kaiser ebenfalls durch einen raschen Machtspruch gegen die auslan-
dische und durch ein strenge gehandhabtes Prohibitivsystem emporzuhe-
ben. Zu Ende 1784 erging das Verboth der Einfuhr aller Fabrikate
und vieler roher Erzeugnisse des Auslandes. Der Monarch selbst schickte
die auslandischen Eßwaaren und fremden Weine der Hofküche und des
Hofkellers in das allgemeine Krankenhaus. Die Putzsucht, die Wuth
für das Ausländische, die Ebbe und Fluth der Modethorheiten überlie-
ferten manche Contrebande, welche, nicht wie sonst, öffentlich ver-
kauft, sondern auf dem Glacis öffentlich verbrannt wurde. Die »vohl-
thatigen Folgen dieser Mafiregel zeigten sich bald, eine Fabrik erhob
sich nach der andern, tausend und tausend fleißige Hände mehrten die
Bevölkerung und große Betriebscapitalien kamen ins Land. Während
dieser unermüdeten Sorgen für das Wohl seiner Unterthauen, für das
Größte und das Kleinste im Innern, beschäftigten I. zugleich auch wich-
tige auswärtige Angelegenheiten. 1784 noch folgte der Streit mit
denHolländern über die freye Schifffahrt auf derScheldeund die erneuer-
ten Unterhandlungen, um die Niederlande gegen Bayern umzutau-
schen. Letzteres vereitelte Friedrich 11. von Preußen durch die Stif-
tung des Fürstenbundes (f. d.), der indessen zwar mit vielem Eifer vor-
bereitet und großem Pompe angekündigt wurde, und doch mit geringem
Erfolge endete. 1785 schuf I. das Taubstummen-Institut in, W i e n ,
die medicinisch-chirurgische Josephs-Akademie mit ihren herrlichen ana-
tomischen Präparaten, das allgemeine Krankenhaus und das Gebühr-und
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Volume 3
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe I-M
- Volume
- 3
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 768
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie