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Rauniy-Rietberg, N)enz. Ant. Fürst.
und blieb auf seinen Gütern, bis ihn seine Monarchinn 1743 als Gesand-
ten auf den Friedenscongreß nach Aachen schickte. Hier legte er den
Grund zu seinem großen Ministerruhme, seine Monarchinn ernannte
ihn darauf zum Conferenz- und Sraatsminister, und er ging als Ge-
sandter an den französischen Hof. — Durch sehr kluges Betragen, ein-
nehmende Beredsamkeit und gefälliges Wesen erhielt er bald einen ge-
heimen Einfiust in das französische Staatscabinet, legte den Grund zur
Aussöhnung des österreichischen und französischen Hofes, und knüpfte
das Bündnis; unter beyden, das erst 1756 der Welt bekannt gemacht
wurde und die Folge hatte, daß das politische System von Europa zum
allgemeinen Erstaunen, aber vortheilhaft für Osterreich, sich plötzlich
umänderte. — Nie hat wohl früher ein Minister an irgend einem Hofe
ein grös^res Vertrauen durch längere Zeit genossen, als K. an dem kai-
serlichen, wo er seit dem Jahre 1753 als Hof- und Staatskanzler die
auswärtigen Staatsangelegenheiten Österreichs allein leitete und in die
innere Verwaltung den grösiten Einfiuß hatte. Sein scharfsehendes
Auge durchdrang alle Theile der inneren Staatsökonomie. Die in
den Finanzen eingeriffenen Unordnungen wurden vertilgt, ein bündiger
und strenger Rechnungsfuß eingeführt, und das Finanzwesen wurde
der neuerrichteten allgemeinen Rechnungskammer untergeordnet, wo-
durch dem Staate jährlich viele Millionen zuwuchsen und zugleich der
Vortheil verschasst wurde, daß man täglich den Finanzstand der Monar-
chie, dessen Abnahme oder Zuwachs, die jährlichen Einkünfte und Aus-
gaben in einer Tabelle übersehen konnte. Die Studien und Schulen
wurden allgemein verbessert, Künste und Wissenschaften beschützt, über-
all neue Manufacturen und Fabriken angelegt, der industrielle Fleiß ver-
mehrt, Handel und Wandel erweitert, die Seehäfen Tr ie st, Fiume,
Car lopago und Zengg erweitert und verbessert, der geistlichen Ge-
richtsbarkeit engere Schranken gesetzt, der Einfluß der Geistlichkeit in die
bürgerlichen Angelegenheiten gehemmt, die Zahl der Klöster eingeschränkt,
die Ablegung der Mönchsgelubde für die Novizen vom 16. auf das 25.
Jahr verlegt. Det Kriegsetat und die Armeen bekamen eine neue Ge-
stalt und wurden auf einen bedeutenden Fuß gesetzr. — Allgemeine Ver-
ehrung war der Lohn seiner redlichen Bemühungen. Der gemeine Mann
in Wien nannte ihn nur den alten Fürsten, und in den Gesellschaften
der höhern Stande wurde ihm der Beynahme des Großen selten versagt.
Die Kaiserinn Mar ia Theresia setzte auf ihn das uneingeschränkteste
Vertrauen und übersah ihm alle Verstöße gegen die Etikette, die an ih-
rem Hofe herrschte. Kaiser Joseph I I . , der im eigentlichen Sinne
selbst herrschen wollte und sich allen Geschäften gewachsen glaubte, zog
nicht immer den Fürsten zu Rathe, und wenn er es auch that, befolgte
er nicht immer dessen Meinung. Der mißlungene Versuch, die Scheide
zu eröffnen, der mißlungene Austausch von Bayern und der noch ungleich
mehr mißlungene Krieg mit den Türken waren die Folgen davon. An
den kirchlichen Reformen des Kaisers nahm K. eifrigen Antheil, und
hatte dazu schon unter Mar ia Theresia die Bahn gebrochen. —
Unter Leopold's 11. kurzer Regierung nahm der Einfluß des alten Mi-
nisters sichtbar ab, und der unglückliche Krieg gegen Fr^nlvsich entspann
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Volume 3
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe I-M
- Volume
- 3
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 768
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie