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R e r n , v i n c . R i t t e r von . »85
Herzogs von Sachsen-Hildburghausen. — Nach dem Ableben dessel-
ben bereiste K. Deutschland, Italien und einen Theil Frankreichs. Er
besuchte die dortigen Universitäten und Spitäler,und knüpfte mit mehre-
ren Gelehrten seines Faches innigere Verhältnisse an. Er sah jetzt die
Chirurgie aus einem höheren Standpuncte an, und wollte sie in
einem großartigen Sinne zur Wissenschaft ausbilden. — Mit diesem
hochherzigen Vorsatze kam er 1786 nach Wien. Der auch als Mensch
vortreffliche Leber trat K. jetzt neuerdings als freundlicher Genius zur
Seite, und verhalf ihm durch Nachtwachen bey seinen Operirten, und
durch den ihm übertragenen Privatunterricht der chirurgischen Schüler
zu einigem Verdienste. Auch empfahl er ihn dem damahligen preuß.
Staats- und Conferenzminister, Grafen von Hatzfeld, als Hauschirurg.
— Leber's Ansichten flössen mit K.'s Meinungen zusammen, sie ver-
einigten sich auf eine harmonische Weise, und wurden darum so wohl-
thätig für die leidende Menschheit. Die Beziehung K.'s zu dem Mi-
nister Grafen von Hatzfeld führte ihn seinem lang ersehnten Ziele
immer näher, und so erhielt er 1790 die chirurgische Doctorwürde.
Dieser folgte bald ein sehr schmeichelhafter Ruf von Seite der Erzherzo-
ginn Mar ia Anna, die K. zu ihrem Hauschirurg wünschte. Die
Kränklichkeit des Grafen H a t z f e l d , der zu sehr an K. gewohnt
war, als daß er sich von ihm trennen tonnte, bestimmte K. zur Ab-
lehnung des so ehrenvollen Rufes nach Prag. Der Minister ver-
kannte diesen Zug treuer Anhänglichkeit nicht, und sicherte K. dafür eine
lebenslängliche Pension. — Nach dessen Tode begann K. die Ausübung
der chirurgischen Praxis in Wien. H^-, 1795 ward er, seiner thätigen
Verwendung um die Gesundheit der taubstummen Zöglinge weHen, an
dem Wiener Taubstummen-Institute als Wundarzt angestellt. — 1797
bestieg er, nach abgelegten Concurs-Prüfungen, als Professor der da-
mahls noch vereinigten Lehrämter der Chirurgie und Geburtshülfe den
öffentlichen Lehrstuhl am k. k. Lyceum zu Laib ach. Er war es, der im
Lande Krain sowohl die natürliche, als auch später die Schutzpocken-Im-
pfung zuerst einführte. Aufgefordert von der Landesregierung, schrieb
er 1793 sowohl über die natürliche als Schutzpocken-Impfung einen
Volksunterricht; 1799, nach ehrenvoll bestandenen rigorosen Prüfungen,
nahm K. auch den medicinischen Doctorgrad. — Unablässig mit der
Kunst beschäftigt, reiste er 1803 nach Venedig, und zwar einzig und
allein, um vom Prof. Pa jo la den Blasenschnitt, den dieser damahls
mir auffallend günstigem Erfolge übte, zu lernen. — Das Jahr 1805
war für K. wohl das entscheidendste seines Lebens; denn in diesem
Jahre wurde er mit einem Gehalte jährlicher 1000 Gulden zum Pro-
fessor der practischen Chirurgie und Klinik an die Wiener Universität
berufen. Hier fanden seine seltenen Kenntnisse, seine rastlose Thätigkeit
die lange verdiente Anerkennung, hier eröffnete sich ihm ein seines
Geistes würdiger Wirkungskreis. — Die chirurgische Klinik lag öde und
verwaist, ohne wissenschaftliche Pflege da. Bald wurde dieselbe ein Schau-
platz der schwierigsten und gefährlichsten Operationen, die der günstigste
Erfolg krönte. Der Blasenschnitt, zu dessen Ausführung man bisher vor-
zugsweise eines ausländischen Künstlers Hand zu bedürfen wähnte, wurde
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Volume 3
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe I-M
- Volume
- 3
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 768
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie