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228 R l o st e r n e u b u r g.
Propst Otto den Grund zur grosien Kirche, nachdem schon früher Stift
und Kirche weltlichen Canonikern übergeben worden war. 1136 war der
Bau vollendet und noch dasselbe Jahr starb der erhabene Gründer und
wurde hier begraben. 1435 wurde Markgraf Leopold vom Papst I n -
nocenz V I I I . in die Zahl der Heiligen aufgenommen und 15l)6 wurde
dessen Leichnam in Gegenwart des Kaisers Maximi l ian I. und vieler
Großen des Reiches feyerlich aus dem Grabe erhoben und zur öffentlichen
Verehrung ausgestellt. Er befindet sich noch gegenwärtig in der Leopolds-
capelle, welche auch die Schatzkammer genannt wird, an dem Altare in
einem rothsammtnen Sarge und wird jährlich den 15. November, am
St. Leopoldstage, an welchem Tage sich immer ein grosier Zudrang von
Menschen in K. befindet, zur öffentlichen Verehrung ausgesetzt. Seit
1616 bewahrt die Schatzkammer auch den vom Erzherzog Maximi l ian,
Hochmeister des deutschen Ordens, Hieher geopferten Erzher^oghut (s. d.)
von Osterreich, welcher bey jeder Erbhuldigung feyerlich von K. nach
Wien und wieder zurückgebracht wird. Noch sind unter mehreren Merk-
würdigkeiten undAlterthütnern, welche die Schatzkammer bewahrt, besonders
die Mesiornate auszuzeichnen, welche aus den Brautgewändern Leopol d's
und Ag n e se n's verfertigt wurden; ferner der berühmte byzantinische Al-
tar von Verdun, welchen Propst Wernher im 12. Jahrh, dem
Stifte verehrte; der Reisealtar des heil. Leovold's, endlich auch der
Krummstab des Abtes Paboaus dem 13.Iahrhundert.1739 wurdedasStift
K. der Congregation der Lateranensischen Chorherren einverleibt und 1802
wurde mit dieser Canonie das vom Herzog AlbertV. 1414 in Wien ge'
stiftete Chorherrnstift St .Dorothea, nachdem es 1786 aufgehoben wor-
den war, vereinigt. Seit seiner Gründung zählr das Stift 57 Pröpste,
worunter sich besonders folgende auszeichneten: Er Nest Perger (st.
1749), welcher 1730 das herrliche neue Stiftsgebaude zu bauen anfing,
welches leider noch immer unvollendet ist; Ber tho ld l l , (st. 1766), wel-
cher den schönen Klosterneuburger Hof in der Renngasse in Wien,
undGaudenz Dunkler (st.1829), welcher das grosie Dorotheergc-
bäude erbaute. Gegenwärtiger Vorsteher des Stiftes ist der AbtIacob
Ruttenstock (s. d.), welcher nebst anderen auchdieWürdeeinesDirec-
tors der Gymnasialstudien in Niederösterreich bekleidet. Dieser gelehrte hoch-
sinnige und vielverdientePrälat beabsichtigt auch die Fortsetzung undVoll-
endung des grosien Stiftsqebaudes. Es wurde auch schon Einiges zur
'Ausführung dieses großartigen Planes geleistet. Gegenwärtig aber be-
steht das Ganze noch immer aus einer wunderlichen Mischung alter und
neuer, unvollkommener und imposanter Architektur. — Auster der be-
reits erwähnten Schatzkammer sind in dem Stiftsgebäude noch die soge-
nannten Kaiserzimmer, welche vormahls der kaiserl. Hof wahrend des
Leopoldsfestes bewohnte, durch Solidität und innere Einrichtung auszu-
zeichnen. Die Stiftsbibliothek zählt bey 30,000 Bände, wird aber im-
mer noch vermehrt, und mit den Werken der neuesten Literatur berei-
chert. Sehr reichhaltig ist in derselben die Parthie des Bi elstudiums,
so wie der theologischen Literatur besetzt. An Museen und den neuesten
Prachtwerken über Ägypten und Indien ist die Bibliothek reich, die übri-
gens sehr viel dergroßmüthigen Spendung Ackermann's(s. d.)verdankt.
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe I-M, Volume 3
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe I-M
- Volume
- 3
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 768
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie