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80 Odrau. — Odr^ykon.
gönnt ward, brachte er auf seinem kleinen Landsitze in Oalizien zu, wo
er sich vorzüglich mit der Landwirthschaft beschäftigte. Überzeugt von seinen
seltenen Talenten berief ihn derKaiser 1803 zur Stelle eines Hofkammer,
Präsidenten nachWien. Keine Aufsehen erregende Neuerung bezeichnete
seinen Eintritt ins Ministerium. Langsam und sicher prüfte er in der er-
sten Zeit das Bestehende; es war nicht seine Sache, leichtsinnig umzu.
stürzen, was er nicht kannte und Neues einzuführen, was er nicht sorg-
sam vorher an das Alte gehalten und sich so von dessen Vorzügen über.
zeugt halte. Unter einer anscheinenden Ruhe blieb seine ungemeine Thä-
tigkeit dem ferne Stehenden verborgen. Mitten unter den Vorbereitun-
gen und Anstrengungen des letzten Krieges sann sein Geist auf die Mit-
tel, um nach Vollendung desselben zur Wiederherstellung des Staats,»
credits und der Finanzen einen festen Grund zu legen. Mit überraschen«
der Schnelligkeit förderte er sein langsam zur Reife gediehenes System
an den Tag. Det Kaiser erkannte das Verdienst seinerBemühungen und
verlieh ihm das Großkreuz des St. Stephan-Ordens. O'D. betrachtete
Alles aus dem Mittelpuncte des Ganzen, würdigte es nach seinem Ein,
stusse auf denselben, leitete und lenkte alles, verirrte sich aber nie in den
Verzweigungen der Detailarbeiten, die er seinen Mitarbeitern nach rei-
fer Wahl mit Vertrauen überließ. Ohne diese aus den Augen zu verlie-
ren, benutzte er zu gleicher Zeit die auch entfernten Triebräder derStaats-
Verwaltung und versetzte sie zu seinem Zwecke in rastlose harmoni'che
Thätigkeit. Auf diese Art brachte er durch seine Concentrirung der Kräfte
ungemeine Wirkungen hervor. —> Die Anstrengungen, womit O'D.
unausgesetzt sein Ziel verfolgte, nahmen, so stark auch sein Geist war,
seine physischen Kräfte nach^und nach <o in Anspruch, daß sie allmählig
ganz aufgerieben wurden. Dazu kam noch, daß sein Gemüth von den
lebhaftesten Stürmen wechselnder Empfindungen erschüttert wurde. Sei-
ner Eigenthümlichkeit war es nicht möglich^ den Staat als eine Ma-
schine, deren Fäden er als ein außer derselben stehender Werkmeister zu
ziehen und zu lenken hatte, zu betrachten. Ihm war der Staat
ein fühlender organischer Körper und die Finanzverwaltung das Herz
desselben, in welchem er jeden Pulsschlag fühlte, jeden Schmerz der
Theile mit empfand. — So ward er ihm theurer, als die Bedingung
seines Lebens und selbst als der Zweck desselben. Innig überzeugt) daß
durch die von ihm vorgeschlagenen Mittel die Reorganisation des Staa-
tes möglich sey, wechselten Hoffnung und Furcht, Freude und Schmerz
beständig in ihm ab. In gereizter Spannung von Hoffnungen und Sor-
gen gehalten, von dringenden Geschäften überhäuft, beschloß er am 4.
May 1K10, vom Schlagfiussc getroffen, im 54. Jahre seines Alters
seine Laufbahn. Ein Opfer für das Beste des Staates/ ist ihm allgemein
ne Achtung nachgefolgt.
Vdrau , schles. Stadt im Troppauer Kreise > am rechten Ufer der
Oder, ist mit Mauern und Wällen umgeben, und hat ein Schloß,
eine Pfarrkirche, 350 Häuser und 2,230'Einwohner, wovon sich viele
als Tuchmacher, Linweber und Strumpfwirker ernähren.
Odrzykon, galiz. Dorf im Iisloer Kreise, am rechten Ufer des
Wyslok, ein großer, durch Ackerbau und Leinwanderzeugung wohlha-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe N-Sed, Volume 4
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe N-Sed
- Volume
- 4
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 660
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie