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132 Ottokar I I . , Ränig von Böhmen.
Friedrich von Hohen staufen auf das kräftigste gegen Otto von
Braun schweig bey, und der Kaiser befreyte Böhmen zum Lohne von
allen frühern Abgaben an das Reich, eb erhielt auch die Befugniß, alle
von dem Reich? abgerissene Lander wieder zu vereinigen, die Einsetzung
und Investitur der Bischöfe in seinem Lande wurde dem Könige frey
gegeben, und noch mehrereVorrechte eingeräumt. O. führte, durch diese
Begünstigungen zu großen, Ansehen gelangt, sogleich eine neue Erb-
folge-Ordnung nach dem Majorate ein, er schaffte das Wahlrecht und
das Seniorat ab, und lies; seinen ältesten Sohn W e n z e l^ sogleich
zum Thronfolger krönen. Auch eroberte O. im Kriege gegen Österreich
den zwischen Böhmen und der Donau gelegenen Landstrich, der für den
Handel seinem Reiche von äußerster Wichtigkeit war. Durch Streitigkei-
ten mit der Geistlichkeit zog er sich gegen das Ende seiner Regierung
manche Unannehmlichkeiten zu. Er starb 1230.
Ottokar I I . (przemysl), einer der machtigsten Könige Böh-
mens > war geboren um 1220, Sohn W e n z e l's I. Schon in
früher Jugend zeigte O. wilden Muth, und unbezähmbare Herrschsucht,
die sich selbst in manchen Empörungsversuchen gegen seinen Vater kund
gab. Nach dessen Tode 1253 gelangte O. zum Throne; durch seine Ver-
mahlung mit Marga reth en, der Schwester des letzten Babenbergers,
Friedrich des Strei tbaren, hatte O. Osterreich und Steyermark
an sich gebracht, wurde aber um deren Besitz in schwere Kriege mit Un-
garn und Bayern verwickelt, die er jedoch glücklich bestand. 1255 zog
O. mit einem großen und erlesenen Heere gegen die heidnischen Preu-
ßen, schlug sie in mehreren Schlachten und erbaute Königsberg am
Pregel. 1256 nach seiner Rückkehr wurdeihm nach dem Tode des deut-
schen Königs Wilhelm von Holland die Reichskrone angebothen, doch er
verschmähte sie, stolz auf seinen eigenen großen Länderbesitz. Zwar ver-
wickelte ihn seine Vergrößerungssucht in immerwährende Kriege, doch
endeten sich alle glücklich für ihn; so bekriegte er 1257 Bayern, und
entriß diesem Reiche Eger und Waldsee; 1260 schlug er die Ungarn
bey Kroissenbrunn, dann abermahls bey Raab und zwang sie,
allen Ansprüchen auf Steyermark zu entsagen, doch kam der völlige
Friede erst 1271 nach einem wüthenden Verheerungstriege zu Stande,
da ihn König Stephan aufs Neue mitten im Frieden hinterlistiger
Weise angegriffen hatte. 1260 belehnte ihn auch der römische Honig
Richard von Cornwall mit Osterreich und Stcyermark und nun
verstieß O. 1264 jeine alternde Gemahlinn unter dem Vorwande ihrer
Unfruchtbarkeit, ohne jedoch ihre Erblander herauszugeben, die ihm,
seiner großen iMacht wegen, auch Niemand leicht streitig machen konnte.
Mittlerweile hatte O. auch die Herzogthümer Kärnthen, Kram und
Friaul, theils durch Erbe, theils durch Kauf an sich gebracht, unddurch
diese Erwerbungen zu seinen Erblandern, Böhmen und Mahren war O.
der machtigste Fürst Deutschlands geworden, seine Talente, seine Tapferkeit
und Schlauheit hatten ihn dabey so sehr, als die Desorganisation des deut-
schen Reiches zu jener Zeit begünstigt.Doch hatte er sich auch durch mehrere
Gewaltthaten bey seinen eigenen Unterthanen verhaßt gemacht. l272
nachdem Tode K. Richard's wurde O. von einigen Churfürsten aufs
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe N-Sed, Volume 4
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe N-Sed
- Volume
- 4
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 660
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie