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p i c h ! er , C a r o l i n c .
sich mit dem berühmten italienischen Dichter V in c e nzoM o nti(s.d.),
dessen Nachlaß sie herausgab.
pichlcr, Caroli l :e, geborne v. G re ine r , ausgezeichnete
Schriftstellerinn, ist geboren zu Wien den 7. Sept. 1769, Tochter
des verdienstvollen Hofrathes und geh. Referendars Fr an.' v.-O rei-
ner«'.!).). Ihre Erziehung siel in die vielversprechende Zelt des ersten
und üppigen Aufblühens der österr. Literatur unter Joseph I I . Die
meisten berühmten Manner jener Epoche, so z. B. Sonnenfe ls ,
Den is , Metastas io , Masta l ier , Haschka, A l x inge r ,
Maf fe i , die beyden I a c q u i n , Eckhel, S t o l l , Ratschky,
Leon, B l u m a u e r , van Swie ten :c. gehört n unter die öfteren
oder seltenern Erscheinungen in den Abendzirkeln ihrer Ältern, wo in
heiteren und geistreichen Gesprächen über Literatur, Kunst und wohl
auch Politik die Zeit verstoß, und manch guter Same in das emvfängliche
Gemüth Caro l in en s siel, die von frühester Jugend große Wißbegierde
und richtiges Gefähl entwickelte. Gleichzeitig mit ihremBruder machte sie sich
die lateinische Sprache eigen und nun lasen Haschka und A l r inger
die Clajsiker mit sorgfältiger Wahl und belehrenden Bemerkungen mit
ihr und weihten sie, die schon.frühzeitig einige kindische Versuche im Dichten
gemacht hatte, in die Grundsätze der schönen Wissenschaften ein, wie sie
denn, nach ihrem eigenen Geständnisse, diesen Männern und dem Hof-
Bibliothekscustos Leon, den größten Theil ihrer ästhetischen Ausbildung
verdankt. Lecture liebte sie ebenfalls vonKindh?it auf leidenschaftlich und
besonders waren es Geßner's, Voß's , Bü rge r ' s , Stolberg's,
später Klo pstock's und Herder's Schriften, welche den tiefsten Ein-
druck auf sie machten und sie die Welt ihres Innern am deutlichsten kennen
lehrten. In einer von ihrem frühzeitig verstorbenen Bruder gegründeten
literarischen Gesellschaft, deren Zweck es war, daß sich die Glieder für ihre
künftige Bestimmung als Staatsbeamte und überhaupt zuveredelten Men-
schen ausbilden, lernte sie ihren Gemahl, den nachherigen k. t. Re-
gierungsrath, Andr /Eugen Pichler , kennen und verehlichte sich
mit ihm 1796. Sein fein gebildeter Geschmack erkannte und schätzte die
ausgezeichneten Talente Car o l in en s und er munterte sie zuerst auf,
die Erstlinge ihrer Feder, „die Gleichnisse," dem Drucke zu übergeben,
welches sie mit großer Schüchternheit that, desto angenehmer jedoch über-
rascht wurde, als diese schönen Blüthen mit mlgetheiltem Beyfalle auf-
genommen und selbst vonKlopstock und dem Freyherrn von N ico lay
mir ehrender Anerkennung begrüßt wurden. — Nun wagte sie sich auch
an größere Werke und betrat mit vielem Erfolge das Gebieth des Ro-
mans. Mittlerweile hatte sich durch den Nahmen, den sich C. P. bereits
erworben hatte, ein neuer Kreis vorzüglicher Gelehrter und sonst sehr
schätzbarer Männer um sie versammelt, worunter Freyh. v. Hor-
mayr, die beyden Co l l i n , V ie r tha le r , v. Hammer, Streck-
fuß u. A., deren Umgang sie manches zu verdanken hatte; besonders
war es Ersterer, der sie in das Gebieth der Geschichte einführte, und auf
dessen Anregung die meisten ihrer Romanzen und historischen Erzählun-
gen entstanden, welche mit entschiedenem Beyfalle aufgenommen wur-
den. 1312 wagte sie sich auch in das Gebieth des Dramaö. Obschon jedoch
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe N-Sed, Volume 4
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe N-Sed
- Volume
- 4
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 660
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie