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Stürme des FeindeS zurückwiesen. Besonders rühmlich zeichneten sich die
Studirenden durch thätige Theilnahme cn diesem Vertheidigungskampfe
aus. Im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts erholte sich die Stadt
wieder. P. erstand aus seinen Trümmern, neue Kirchen wurden ge-
baut, neue Stiftungen gegründet, alles schien geheilt und vergütet,
als 1740 Kaiser Car l V I . starb, und neue Stürme über P. her-
einbrachen. Schon 1741 sah dieses ein dreyfaches feindliches Heer, be-
stehend aus Franzosen, Bayern und Sachsen vor seinen Mauern. Nur
von 3,000 Mann Fußvolk und 60 Husaren vertheidigt, mußte es sich
der stürmenden Übermacht binnen wenigen Tagen (am 26. Nov.) erge-
ben. Obwohl die Bürger selbst an diesem Kampfe Theil genommen hatten,
indem sich deren 3,000 mit dem kleinen Häuflein besoldeter Krieger ver-
einigten, um die weitläufigen Mauern zu vertheidigen, so blieb den-
noch die Stadt mit jeder Plünderung, oder sonstigen gewaltsamen Er-
pressung verschont. A^er schon im folgenden Jahre erfuhr P. ein
desto traurigeres Schicksal. Der Breslauer Friede, welcher den König
von Preußen und den Churfürsten von Sachsen dem großen Bunde ge-
gen M a r i a Th e resia entzog, gestattete den vaterländischen Heeren,
sich gegen die übrigen Feinde mit Vortheil zu kehren, und vorzüglich
wurde darauf gesehen, P., das Herz des Landes, den Händen der
Franzosen zu entreißen. Allein der Marschall B rog l io und der durch
seine Entschlossenheit bekannte B el leisle trafen alle Gegenansialten
zu einer tapfern Vertheidigung, die um so länger dauerte, da die Oster-
reicher, um die Stadt zu schonen, die Übergabe durch Aushungerung be-
wirkten; und so mußte P. alle Schrecknisse und Leiden einer viermonath-
lichen Belagerung erdulden. Als endlich die Noth so hoch gestiegen war,
daß auch die letzten Pferde in der Stadt geschlachtet und verzehrt waren,
beschloß Bel le t sle mit dem Überreste des französischen Heeres (noch
14,000 Mann) P. zu räumen. Erwählte dazu die Nacht vom 16.
aufden 17.December. Nach 2 Iahren(1744) sahP. Fried r ichl l . von
Preußen mit einem Heere von 100,000 Mann vor seinen Wällett. In
wenigen Tagen lagen 140 Häuser der Neustadt in Schutt und Trüm-
mern, und die Stadt war in Besorgniß vor der unglaublichen Festig-
keit der Brückeligewölbe. Der österreichische Anführer, Graf Harsch
wollte sich nähmlich nur auf die Vertheidigung der Kleinseite beschrän-
ken, und zu diesem Zwecke einen Bogen der Brücke! abtragen lassen.
Das Pflaster wurde aufgehoben und die Erdmasse, welche Klafter hoch
das doppelte Gewölbe bedeckte, weggeräumt. Da fand sich aber dieses
nach fast 400jähriger Dauer so fest, daß die angestrengtesten Versuche,
es zu durchbrechen, fruchtlos blieben. Übrigens hätte auch diese Maß-
regel nichts geholfen, indem das feindliche Wurfgeschütz binnen Kurzem
die Schleußen der hier geschwellten Moldau zerstört hatte, worauf der
Fluß so tief siel, daß man fast allenthalben durchzuwaten vermochte.
Zehn Wochen darauf (am 26. Nov.) mußte, durch die glücklichen Fort-
schritte der vaterländischen Waffen gezwungen, das preußische Heer P.
wieder räumen. Es kam in der Stadt selbst zum Gefechte, das sich an
derBrückcam heftigsten entspann, und woran selbst die Bürger Theil nah-
men. Gegen2,000 Gefangene, 132Kanonenund 14 Mörser mußten die
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Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe N-Sed, Volume 4
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe N-Sed
- Volume
- 4
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 660
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie