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Preußen den siegenden Österreichern überlassen. Die feindlichen Minen,
welche die Werke des Wissehrads und Laurenz-Berges in die Luft spren-
gen sollten, was ohne die Vernichtung vieler Gebäude nicht abgelaufen
wäre, thaten glücklicher Weise keine Wirkung. Der Dresdener Friede
verschaffte endlich 1745 dem hartbedrangten Lande und der entkräfteten
Hauptstadt die lang gewünschte Erholung. Eilf Jahre genoffen beyde
dieser glücklichen Zeit, bis 1756 der sogenannte siebenjährige Krieg aus-
brach', und Friedrich I I . schon 1757, nachdem ihm Schwerin's
Heldentod die Schlacht bey P. (am 6. May) gewonnen hatte, P.
neuerdings belagerte. Mehr als 37,000 Kugeln, Bomben und andeve
Feuerkörper flogen während dieser Schreckenszeit in die unglückliche
Stadt, und legten 380 Häuser in Asche. Die Domkirche und das kön.
Schloß, die Carlshoftr Prälatur u. s. w. litten vorzüglich durch das
Feuer, und auf der Neustadt, wo am 3. Iuny die Flammen am zer-
störendsten wütheten,^ waren ganze Gassen in ei -n Haufen von Trüm-
mern verwandelt. Besonders dichteten die Preußen ihr Wurfgeschütz au
die Kirchen, entweder weil Vorräthe in ihnen vermuthet wurden, oder
weil sie als die höchsten Puncte ein sicheres Ziel abgaben. An einem ein-
zigen Tage (am 5. Iuny) fielen bloß auf und um die Schloßkirche über
500 Bomben und gegen 1,000 Kugeln. Überhaupt gerieth diese Kirche
während der Belagerung gegen 30 Mahl in Brand, doch wurde dem
Feuer immer glücklich gesteuert. Desto mehr litten ihre Seitengewölbe
und kunstreichen Verzierungen. Die CarlShofer Kirche, dieses prächtige
Denkmahl der Bauliebe Carl's IV., gerieth über 50 Mahl in Brand.
Aber eben diese gegen die Kirchen gerichtete Zerstörungswuth erbitterte
die Bürger P.'s auf das heftigste, und sie trugen durch ihre Anstrengun-
gen beym stäten Löschen, durch Entbehrungen und Aufopferungen aller
Art nicht wenig zur heldenmütbigen'Vertheidigung und Behauptung der
Stadt bey. Der Sieg der Österreicher bey Coll in (am 18. Iuny)
zwang endlich Friedrich I I . , die Hoffnung auf die Eroberung von P.
aufzugeben. Seit jener Zeit sah die Stadt keinen Feind mehr vor ihren
Mauern, doch hatte sie mehrere Drangsale anderer Art zu erdulden.. Un-
ter di^'e ist vorzüglich die große Hungersnot!) 1771 zu zählen. Die wei-
sen Anstalten Kaiser I o se p h's I I . (damahls noch Mitregent seiner glor-
reichen Mutter) machten auck dieser Landesnoth ein Ende. Was der edle
Menschenfreund, Joseph I I . , auch für Böhmen durch Milderung der
Frohndienste, durch Vermehrung der Stadt- und Landschulen, durch die
Aufmunterung zur Verbesserung des Ackerlandes, durch Belebung des
Gewerbsteißes und Handels, und insbesondere für P. durch Gründum;
oder den Zeitbedürfniffen entsprechende Umwandlung so vieler wohlthati-
ger Anstalten gethan hat, ist unauslöschbar in die Herzen der Böhmen
eingegraben. Der fürchterliche Winter von 1783—84, der durch den
Eisgang von 1784 und die ihn begleitenden Überschwemmungen so ver-
heerende Wirkungen für ganz Deutschland hatte, ließ auch P. v'ine
Geißel empsindem Durch den Eisstosi (am 28. Febr.) stieg die Moldau
viele Klafter über ihren gewöhnlichen Wasserstand, dessen Höhe man
noch an vielen Gebäuden der Stadt mit der Jahreszahl 1784 bemerkt
fmdet. Durch die Gewalt des sich gleich Bergen hinwälzenden Eises
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe N-Sed, Volume 4
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe N-Sed
- Volume
- 4
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 660
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie