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34« Rakoczy, Franz Leop. Fürst.
und der Pforte beschuldigt, verhaftet und zu Wien er-Neustadt ge«
fangen gesetzt. Er entkam 1701 durch die Hülfe seines Wächters, des
Rittmeisters Lehman n, wurde in die Acht erklärt und beschloß nun aus
Rache, Ungarn dem österr. Scepter zu entreißen. An der Spitze
eines ansehnlichen Heeres von ungarischen Mißvergnügten, erschien er
?703 an Österreichs Gränzen und sandte verwüstende Streifparteyen nach
dem Marchfelde, an die Fischa, bis ins Badnergebirg, ja bis Auster-
litz und I g l a u und unterhielt gefahrliche Verständnisse in Schlesien.
Noch bey weitem drohender erschien R. mit seinen rohen Scharen 1704
vor W i e n , zu dessen Vertheidigung, da die Stadt, des spanischen
Successionskrieges wegen, von Truppen entblößt war, schnell die Festungs-
werke ausgebessert wurden, die Bürgerschaft rüstete sich zur Vertheidi-
gung, und zum Schutz der Vorstädte wurde, vom Donauarm bey St.
Marx über den Wienerberg, um alle Vorstädte herum, bis wieder an die
Donau hinter dem Lichtenth al ein 12 Schuh hoher, eben so weiter,
1i Klafter tiefer, mit Aufziehbrücken versehener Graben (die sogenann-
ten Linien) gezogen und durch mehrere Redouten vertheidigt. Nachdem
schon den 13. März (am Ostersonntag) zahlreiche Haufen der Ungarn
die Vorstädte umschwärmt und die umliegende Gegend mit Feuer
und Schwert verheert hatten, erschien den 9. Iuny R.'s Feldober-
ster, Graf K arolyimit mehr als 5,000 Reitern, eine Unzahl jammern-
der Landleute vor sich hertreibend, auf der Landstraße und sprengte mit
einigen Wagehälsen bjs vor das Stubenthor. Doch schnell war die Wie-
ner Bürgerschaft, auf welcher allein das Heil der Stadt beruhte, in
den Waffen, sie besetzte die Wälle und zog den Feinden muthig entge-
gen, die Linien besetzend. Dadurch blieb den wilden Horden keine Zeit,
die Vorstädte in Flammen zu stecken; sie zogen sich auf die Schwechat
zurück, rötheten den Himmel aufs Neue durch den Brand der umliegen-
den Dörfer, zerstörten das bey S imme r ing liegende kaiserl. Lustschloß
Neugebäude, welches 1633 selbst die Türken verschont hatten, würg-
ten die ausländischen Thiere in der daselbst befindlichen Menagerie und
schmückten ihre Anführer mit den Häuten der erschlagenen Löwen, Ti-
ger und Leoparden. Den 26. Decemb. 1704 erfocht zwar der kais. Feld-
herr, Graf S iegber t Heister, bey Tyrnau einen entschei-
denden Sieg über R., wodurch jede Gefahr für Wien schwand, demun-
geachtet aber blieben fast ganz Ungarn und Siebenbürgen in dessen Hän-
den. Er wurde zu Weißen bürg zum Fürsten Siebenbürgens, zu
Saczy n zum Oberhaupt und Herzog des conföderirten Ungams und
endlich gar zu Lub l in , doch ohne Folgen, zum König von Polen er-
wählt; der Krieg währte mit wechselseitiger Erbitterung und vielfach ver-
übten Grausamkeiten, bis mit der Thronbesteigung des Kaisers Jo-
seph I. dieser hochherzige Regent selbst die Hand zur Versöhnung und
R. zum Pfande des Friedens die Markgrafschaft Burga u als Reichs-
fürstenthum both, welches dieser jedoch nicht annahm. Von seinem Kriegs-
glück verlassen, suchte R. nun vergebens die Pforte für sich zu gewin-
nen. Verlorne Schlachten und die Pest rieben sein Heer auf, Neuhau-
se l und andere seiner Festungen gingen an die Österreicher über, wor-
auf er sich zu gütlichen Unterhandlungen bereit erklärte. Während seiner
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe N-Sed, Volume 4
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe N-Sed
- Volume
- 4
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 660
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie