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372 R e i n l e i n.
net hatte, die Reise nach Italien antrat. Nach einem längeren Aufent.
halte inRom und Neapel durchstreifte er mit dem Fürsten von Lob-
kowitz Sicilien und schloß sich in der Folge an eine ausgezeichnete
englische Familie an, mit welcher er von Neapel nach Livorno
Pisa und Florenz ging und dann wieder nach Rom zurückkehrt/
Mit welcher rastlosen Thätigkeit N. diese Wanderungen für seine künstle-
rischen Zwecke benützt habe, davon zeugen die in einer Erstaunen ene<
genden Menge vorgefundenen, mit großer Vollendung verfertigten Na-
turstudien, die allein seinen künstlerischen Beruf zu beurkunden im Stande
waren. R.'s Gefährte auf der Reise nach Italien, Erhard, der schon
in Wien einen Hang ^ur Schwermuth gezeigt hatte', versank in Rom
in immer schwärzere Melancholie, die endlich in Geisteszerrüttung aus'
artete. Den Unglücklichen den rohen Händen der Wärter eines Irrenhau-
ses zu überlassen, vermochte der zartfühlende R. nicht. Mit Hintan-
setzung aller Rücksicht für seine eigene Existenz und mit der uneigen-
nützigsten Aufopferung, kurz mit wahrhaft christlichem Heldenmuthe
pflegte er den mittellosen und in wilden Phantasien befangenen deut-
schen Landsmann einen bangen Winter hindurch. Endlich schien die
Ruhe wiederzukehren, doch nur unU desto schrecklicher gestört zu wer-
den. Die schauerliche Stunde, in welcher der scheinbar genesene Er-
hard an der Seite seines sorglos schlummernden Freundes sein Leben
durch einen Pistolenschuß endete (13. Jan. 1822), drückte auch diesem
den Stachel des Todes in die Brust. R., der leicht bekleidet und des in
den südlichen Ländern so gefährlichen Nachtfrostes nicht achtend, um
Hülfe geeilt war, zog sich eine Erkältung zu, welHe in eine unheilbare
Luftröbrenschwindsucht übergehend, die schöne Blüthe in der herrlichsten
Periode ihrer Entwicklung knickte. Sein früher Hintritt erregte die in-
nigste Theilnahme unter Allen, die ihn kannten, vorzüglich aber unter
seinen Kunsigenossen in Rom, welche trauernd seine Hülle zur Pyra«
mide desCestius geleiteten. Unter den Freunden des Verewigten, welche
ihm ein Denkmal errichteten, glänzt der Nahme Th orwaldsen's, der
unaufgefordert sein Monument mit dem eigenhändig aus carrarischem
Marmor verfertigten Bilde R.'s schmückte und somit auf die ehrenvollste
Welse die Meinung aussprach, welche er als competenter Richter über
den Werth des Abgeschiedenen hegte.
Reinlein, Iac. v. , k. k. Rath, Doctor der Arzneykunde und
Professoroerpractischen ArzneywissenjchaftfürWundärztean derUniversi-
tät zu W ien , wurde 1744 zu Amberg in der obern Pfalz geboren.
Daselbst legte er auch seine ersten Studien zurück. 1763 kam er nach
W,en , vollendete an der dasigen hohen Schule seine Studien und er-
langte 1768 den Doctorgrad der Medicin. 1769 wurde er zu Pavia
als Feldstabsarzt angestellt. 1774 kehrte er jedoch wieder nach Wien zu-
rück, erhielt die genannte Professur und zugleich die Anstellung als erster
Lelbarzt m dem damahls sogenannten spanischen Spital. Seine vieljch-
ngen ausgezeichneten Verdienste als Lehrer und ausübender Arzt belohnte
Kaiser F r a n z 1810 durch die Erhebung in den österr. Adelstand.
1814 wurde R. in den wohlverdienten ehrenvollen Ruhestand versetzt.
Er starb zu Wien den 3. Aug. 1816. Unter seinen, im Drucke erschie«
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe N-Sed, Volume 4
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe N-Sed
- Volume
- 4
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 660
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie