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Schwarzenberg, Carl Fürst v. 819
in der öffentlichen Meinung jene ausgezeichnete Stelle, die er fortan
behauptete. — Menschen, welche wähnen, eine hinterlistige und ma-
chiavellistische Politik mache allein den wahren Staatsmann aus, zoll-
ten S. ein seltsames Lob, indem sie behaupteten, er habe nie einen
andern Zweck gekannt, als N a p o l e o n zu betrügen, und er
habe in diesem Kriege nie wahren Glauben gegen ihn gehabt. — So
lange er an der Spitze eines Corps war, mußte er diejenigen als seine
Feinde betrachten, die ihm gegenüber standen, man hatte ihn auch nie-
mahls in einem andern Sinn handeln sehen. Wie er sich gegen das
Ende des Feldzugs den Russen näherte, erwies er dem französischen
Heere den allergrößten Dienst, denn ohne die Stellung, die er zu
Pul tusknahm, und in welcher die Waffenruhe, die er abschloß, ihm
vergönnte, sich zu behaupten, würden die Franzosen noch weit größere
Unfälle erlitten haben. In diesem Feldzug erhielt er vom Kaiser Franz
den Marschallstab in Folge des Wunsches, den Napoleon dießfalls
ausgedrückt hatte. — Im April 1813 wurde S. nach P a r i s gesendet.
— „Sie haben einen schönen Feldzug gemacht," sprach Napo leon ,
als er ihn wieder sah. „Sie!" setzte er lächelnd hinzu, und wiederholte
dieses Wort zweymahl mit Lächeln. Fast zu gleicher Zeit reiste Napo-
leon zu seinem Heere, S. aber nach Wien zurück. — Hieristes, wo
die denkwürdigste Epoche seines Lebens beginnt, wo die allerwichtigsten
Interessen seinen Händen anvertraut waren, und wo er auf eine so
mächtige Weise auf Europa's Geschick Einfluß nahm. — Die Geschichte
der Feldzüge von 1813—14, wo S. alle verbündeten Armeen befeh-
ligte, konnte allein mehrere Bände füllen: Es genüge ausz-lsvrechen,
daß in dieser erhabenen Epoche nichts geschah, ohne die Zustimmung,
ohne die Mitwirkung S.'s; oft im Kampf mit dem Neid und mit der
Eifersucht, stritt er unerschrocken und standhaft wider alle Hindernisse.
Sein vorsehender und vereinigender Geist brachte es dahin, die verschie-
densten Meinungen anzunähern, und ihm diejenigen zu gewinnen, die am
wenigsten geneigt schienen, seine Anstrengungen redlich und kräftig zu thei-
len.— Also gelang es ihm, seinem Vaterlande und der gemeinsamen Sache
die größten Dienste zu leisten. Sein Plan zum Feldzuge wurde zu Te plitz
beschlossen, welchen durchzusetzen ihm so unendliche Mühe gekostet hatte!
— Die Lorbeern zu Le ipz ig , dieser merkwürdigen Schlacht, wo eine
halbe Million Menschen um den Sieg rang, von B r ienne , vonAr-
cis-sur-Aube :c. :c. dann sein Marsch auf P a r i s , und die Be-
setzung dieser Hauptstadt, reichen allein schon hin, S.'s Nahmen zu
verewigen, und ihn in den Rang der berühmten Kriegsfürsten zu setzen.
Man wollte Andern die erste Idee von dem Marsch auf Par i s beylegen,
aber die Geschichte ist da, um den Einstreuungen des Neides in den Weg
zu treten, und Jedem die Stelle zu sichern, die ihm gebührt. — Die
Thatsache ist, daß von dem Augenblick an, wo man die Gewißheit jener
unerwarteten Bewegung der französischen Armee erhielt, S. den ver-
bündeten Monarchen vorschlug, gerade auf Par is loszugehen, welches
auf der Stelle und ohne anderweitige Berathschlagungen angenommen
wurde. Lord Castlereagh, welcher gar sehr an der Stelle war, der
>e auf den Grund zu sehen, legte späterhin in einer Parlaments-
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe N-Sed, Volume 4
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe N-Sed
- Volume
- 4
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 660
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie