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Spinnerinn am Rreuz (vor Wien). 107
Zeit bloß von Schriftstellerey. Seine allezeit fertige Feder wußte dem
Bedürfnisse des nach Abenteuerlichen verlangendem Publicums mit solcher
Behendigkeit zu begegnen, daß er alle Messen 2, 3, wohl auch 4 Ban-
de Rittergeschichten voll Mannigfaltigkeit der Vorgänge/ jedoch auch an
ziemlicher Oberflächlichkeit und poetischer Dürftigkeit laborirend, lieferte.
Wenn S. einerseits Reichthum an Phantasie oder vielmehr kluge Be-
nützung aller nur möglichen Hebel zur Aufregung derselben nicht abge-
sprochen werden kann, so sind andererseits Darstellung, Beschreibung
und besonders Sprache unbedingt zu verwerfen, in letzterer wird er,
besonders in seinen späteren Werken, zuweilen höchst unerträglich mo-
noton, und behilft sich gewöhnlich nur mit den Springstaben weniger
und ewig wiederkehrender Kraftausdrücke. 1788 wurde S. als Wirth»
schaftsbeamter auf dem Schlosse Bezdiekau in Böhmen angestellt,
und starb daselbst den 17. August 1799. Seine vorzüglicheren Schriften
sind: Das Petermännchen, 2 Thle.eb. 1793.—Die Löwenritter, 4 Thle.
eb. 1794—96. — Biographien der Wahnsinnigen, 4 Tble. eb. 1795
—96. —Die 12 schlafenden Jungfrauen, 3 Thle. eb. 1795—96. —
Jacob von Buchenstein, 3 Thle. eb. 1796—98. — Geheimnisse der
alten Ägyptier, 3 Thle. eb. 1797.— Hans Heiling, 4 Thle. eb. 1793
—99.^— Der Alte überall und nirgends, 4 Thle. 5.Aufl. Leipz. 1824.
Auch schrieb S. verschiedene Theaterstücke. S.'s Romane wurden häusig
nachgedruckt, und sollten dieß 1809 zu Wien in einer Gesammtaus-
gabe werden; ein Vorhaben, welches jedoch der gebildetere Zeitgeschmack
nichts weniger als begünstigte, weßhalb die Unternehmung unterblei-
ben mußte.
Spinnerinn am Rreuz, vor W^en. Eine im altdeutschen
(sogenannten gothischen) schönen Baustyle, urkundlich um die Mitte
des 16. Jahrhunderts vor der heutigen Matzleinsdorfer-Linie am Wie-
nerberg erbaute Säule. Ihre Gestalt ist achteckig, sie ist von sonderba-
rer, sehenswürdiger Architektur, mit mehreren Figuren, die Passions-
geschichte Jesu vorstellend, versehen, mit gothischem Laubwerke verziert
un5 durchaus von Stein aufgeführt. Ihre Höhe beträgt 6 Klafter 3i
Fuß. Über ihren Nahmen gibt es die verschiedensten Meinungen, einige
glauben, eine fromme und steißige Spinnerinn habe daselbst so lange
gesponnen, daß sie das Denkmal ihrer Emsigkeit auf die Nachwelt brachte,
auf diese Meinung, mit mancherlei) romantischen Zusätzen ausgestattet,
gründen sich manche Legenden; sie scheint jedoch die mindestrichtige zu
seyn. Andere, worunter vorzüglich Ho rmay r, behaupten, der Nahme
rühre daher, daß das Denkmal ursprünglich Crispinus-Kreuz genannt
wurde; am wahrscheinlichsten wird diese Muthmaßung, da auch ihr Er-
bauer Crispinus hieß, denn man findet in alten Urkunden, daß 1547
die Hofkammer dem Crispin Pöll i tz er bewilligte, außer dem Dorfe
Bernhardsthal (jetzt Vorstadt Nikolsdorf) auf vicedomischem
Grund, statt der hölzernen, eine gemauerte Kreuzsäule aufzurichten.
In der Folge sollte sich dann der Nahme Crispinus-Kreuz im Munde
des Volks in Spinnerinn am Kreuz verwandelt haben. Nach andern ur-
kundlichen Erhebungen war hier einst die Martersäule, der Richtplatz.
Am treffendsten scheint jedoch immer Bö Heim's, im folgenden Artikel
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Volume 5
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe See-V
- Volume
- 5
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 604
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie