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Starhcmbcrg, lLrnst Rüdiger Graf v. - 129
eben diese Zeit brach der Krleg mit den Türken von Neuem aus/ und
daraus ging auch die Gelegenheit für St . hervor/ seine kriegerischen
Kenntnisse, seinen Muth und seine Standhaftigkeit auf eine Art zu zei«
gen/ welche noch heut zu Tage die Bewunderung der Welt erregt. —^
Tököly hatte in seinem Streben nach der ungar. Krone beynahe
ganz Oberungarn in Aufruhr gebracht; da er jedoch seinen Zweck hier-
durch nicht ganz erreichte, so warf er sich in die Arme der Pforte/ wel-
cher nichts gelegener kommen konnte/ weil der zu Vi schar geschlos«
sene Waffenstillstand zu Ende ging, und auch die Ianitscharen ungestüm
auf Krieg wider Osterreich drangen. Überdieß war der damahlige Groß«
vezier, KaraMustapha, ein Mann von niedrige? Herkunft, so ehr-
geizig/ daß er keinen geringeren Plan hatte, als eine muhamedanische Welt-
herrschaft zu gründen, wobey er sich das occidentalische Kaiserthum zur
Belohnung seiner Dienste auserwählte. Kaiser Leopold suchte zwar
noch eine Ausgleichung zu Stande zu bringen / allein die Forderuns
gen der Pforte waren so übertrieben und gespannt, daß an die Er-
haltung des/Friedens nicht mehr zu denken war. Es wurde demnach ein
deutsches Heer zusammengerufen/ welches Leopold zu Anfang May
1683 zu Kittsse musterte; allein es zählte nur 33,000 streitbare
Krieger, und hiermit sollte Naab, Leopoldstadt und Comorn
besetzt, die Gränzen von Steyermark bis Schlesien beschützt und Wien ,
als der Hauptpunct, gedeckt werden. Der Herzog von Lothringen führte
den Oberbefehl, und S t . hatte die Artillerie unter sich, welche'aus 99
Stücken bestand. Inzwischen war ein türkisches Heer, 280/000 Mann
stark, von Constantin opel aufgebrochen, dessen Anführer/ Kara
Mustapha/ unumschränkte Macht über Krieg und Frieden/ über Leben
und Tod erhalten hatte, und marschirte gerade auf Raab zu. Auch Tö-
köly hatte einHeervon mehr als 60,000 Mann zusammengebracht, und
wurde, nachdem er die Hoheit der Pforte anerkannt, zu O fe n als König
von Ungarn ausgerufen. KaraMustapha ging mit seinem Heere unauf-
haltsam vorwärts/und während man noch glaubte, daß er früher Ungarn
ganz erobern werde, ehe er auf die Residenzstadt seine Absicht richte/ sah
man sich hierin so getauscht, daß der Herzog von Lothringen nicht ein-
mahl mehr Zeit behiekt, sich nach W i e n zurückzuziehen, sondern
die Infanterie vom rechten Donauufer auf das linke setzen, und übet
das Marchfeld, die Cavallerie aber über Al tenburg und Kittsee
nach Wien zurückgehen mußte. Die Belagerung der Residenzstadt
war nun außer Zweifel, daher suchten sich Viele aus selber zu flüch-
ten / sielen aber eben dadurch den streifenden Feinden in die Hände,
wo sie entweder Gefangenschaft oder gar den Tod fanden. Auch der
Kaiser verließ am 7. Iuly mit seiner Familie seine Residenz, und lam
mit genauer Noth nach Linz, von wo er sich dann nach Passau be-
gab. Die Stadt Wien befand sich in dem elendesten Zustande, als St.,
von dem Kaiser zum Commandanten der belagerten Stadt bestimmt,
am 9. Iuly daselbst eintraf, und sie würde sich gar Nicht haben halten
können, wenn nicht S t. mit einer, allen Glauben übersteigenden, Thätig-
keit jeden Mangel nach Möglichkeit zu decken und zu heben gewußt
hätte. Erließ am 13. Iu ly , als die Feinde bereits von Medl ing
Oesterr.Nat. Encysl. Pd^V. ^
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Volume 5
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe See-V
- Volume
- 5
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 604
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie