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Starhemhqrg, Ernst Rüdiger Graf v.
bis Nußdorf, in einem halben Monde, sich sehen ließen, die Vor-
städte Landstraße, Rennweg, Mieden, Laimgrube, St. Ulrich, Spi-
telberg, Alsergasse und Rossall, aus welchen sich schon Tags vorher die
Einwohner mit ihren besten Hadseiigkeiten gerettet hatten, durch Feuer
zerstören, und verstärkte die Besatzung durch Fußvolk, welche sich nun
auf 13,900 Mann belief; außerdem aber waren noch 8,000 Bürger
förmlich in Compagnien eingetheilt und über l2,0l)0 bewaffnet und zum
Dienste bestimmt. Der Feind fing an, am Spitclberg und in derIo-
sephstadt Batterien aufzuwerfen, woran er auch, da er dm;ch den
Schutt der Vorstädte gedeckt war, nicht gehindert werden konnte. Am
27. Iuly mußte General Schulz, nach einem zweystündigen Ge-
fechte, die Leopoldstadt räumen, wogegen wieder in einigen Tagm dar,
auf die Hauptleute Graf Guido St. und Simson^v. Stampach
die von den Feinden gegen das Burgchor gemachten Arbeiten zerstörten.
Der Feind unternahm nun mehrere Stürme über gesprengte Minen,
ohne hierdurch etwas zu gewinnen, indem von Seite der Belagerten
Alles aufgebothen ward, die Stadt zu retten» St. ließ aus den nach,
sten Häusern hinter der bedrohtesten Strecke des Walles neue Batterien
aufwerfen, alle anstoßenden Srraßen, Aus-und Eingänge verbollwer«
ken, spanische Reiter, Gruben und Wolfsangeln, Treppen mit spitzi»
gen Nägeln, Pallisaden auf Rädern aufrichten, siedendes Wasser und
Pech, Steine und Feuerbrände für die Stürme vorbereiten u. s. w. Es
durfte keine Glocke, außer jener bey St . S tephan, geläutet werden,
und a^ch diese nur, wenn irgendwo Gefahr drohte, worüber sich sogleich
alle Waffenfähigen auf ihren bestimmten Sammelplätzen einsinden muß-
ten; 2 Jesuiten mußten jede Bewegung des Feindes beobachten und dar»
über Meldung machen. St. fand sich bey jeder Arbeit selbst ein, leitete
Alles, belohnte und bestrafte Alles nach Verdienst auf der Stelle, und
scheute überhaupt keine Gefahr, indem er sich mehr als einmahl dem
feindlichen Feuer bloß stellte. Aber eben dadurch wurde auch der Muth
und die Ausdauer derBesatzung und der Bewohner gehoben; Viele setzten
ihr Leben zum Preise, gingen mit heimlichen Aufträgen des Commanl
danten durch das feindliche Lager, unter welchen vorzüglich Franz
Georg Koltschitzky erwähnt zu werden verdient. Es wurden auch
unter der unmittelbaren Anführung des Commandanten mehrere glückli»
che Ausfälle gemacht, welche den Feinden jederzeit großen Schaden ver-
ursachten, gleichwie ihre häusigen Stürme ihnen nichts fruchteten. In-
dessen mußte am 3. Sept. das Ravelin an der Lö'welbasiey verlassen wer»
den, welches der Großvezier den Zauberhaufen nannte, weil es sehr
schwach war, und dennoch mit unglaublichem Heldenmuthe vertheidigt
ward. Bey dem Sturme am 4. Sept. hatten die Feinde bereits 2 Roß-
schweife auf der Bastey aufgepflanzt; sie wurden aber durch St.'s Muth
und Unerschrockenheit, welche auch auf die ihm llntergebenen übergin-
gen, wieder in ihre alten Verschanzungen zurückgeschlagen. Endlich
hätten doch die Belagerten der Wuth der Feinde unterliegen müssen,
wenn nicht Hülfe herangenaht wäre, welche ihren Muth stärkte, und
sie noch die lehten Anstreligungen der Feinde aushalten und überwin-
den wachte. Es war nähmlich am N. Eept.Abends, als man vom
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Volume 5
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe See-V
- Volume
- 5
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 604
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie