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lürkenkriege u. Belagerungen Wiens durch die lürken. 437
mehr dazu angespornten Volkes darauf gerichtet, ihre Herrschaft durch
die Gewalt der Waffen, die ihnen schon so manchen reichen Besitz gesi-
chert hatte, noch weiter auszudehnen, um vielleicht auch Herren des
weströmischen Reiches zu werden, und so endlich das Schicksal Europas
von ihnen abhängig zu machen. Der in diesen Zeiten immer aufgeregte
und schwankende Zustand Ungarns gab ihnen den ersten Anlaß, ihre
bisher siegreiche Bahn weirer zu verfolgen, und nun hing es an dem
Schicksale der österr. Marken, welche schon Car l der Große zur
Schutzmauer gegen andringende Barbarey bestimmt hatte, ob sie ihre
eroberungssüchtigen und weit aussehenden Plane zur Ausführung brin-
gen oder ob dieselben scheitern sollten. Blutige, langwierige Kriege,
von beyden Seiten mit der größten Erbitterung geführt, entspannen
sich, durch Jahrhunderte machten die Türken ihren Nahmen als Erb-
feinde Österreichs und der Christenheit geltend, bis es endlich vereinten
Krafranstrengungen gelang, ihrem Weiterschreiten für immer ein Ziel
zu setzen, und ihre durch so lange Zeit bewährte Furchtbarkeit in Ohn«
macht zu verwandeln. Die ersten Einfälle der Osmanen in Ungarn wur-
den durch den tapfern Johann Hunyad und dessen großen Sohn
Mathias Corvinus (s. diese) auf das tapferste zurückgeschlagen; mit
dem Tode des Letztern jedoch zerspaltete sich Ungarn in Parteyen, die
Kampfk-Königs Wladis laus IV-, noch mehr aber seines Sohnes Lud-
wig I I . , der bey Mohacs gegen So l iman Krone und Leben ver«
lor, fielen unglücklich aus; der von einigen Ständen gegen Ferdi-
nand I. gewählte König Johann Zapolya begab sich unter türki-
schen Schutz, und bald war ganz Niederungarn von den zahllosen Scha«
ren Soliman's überströmt, welcher sie, die Lage Österreichs, das un-
vorbereitet und fast ungerüstet dastand, benutzend, schnell gegen Wien
führte, und den 24. Sept. 1529 die erste Belagerung dieser Stadt be-
gann. Kaum war noch Zeit geblieben, dieselbe nothdürftig zu bemannen
und zu befestigen. Eine kleine, doch auserlesene Schar Streirer eilte aus
Oberungarn über das Marchfeld heroey, angeführt von dem greisen
Helden Nic las Grafen v. Sa lm (s. d.), welchem König Ferdinand
vor Allen die wichtigste Vormauer der Christenheit anvertraute; Ph i ,
lipp, Pfalzgraf vom Rhein und Herzog von Bayern, war ebenfalls
mit einer bedeutenden Anzahl deutscher und spanischer Streiter in Wien
angelangt und zum Stadrcommandanten gewählt worden. Die ganze
Besatzung zählte über 20,000 Mann Fußvolk und 2,200 Pferde. Die
Vorstädte wurden demolirt, die kräftigsten Vertheidigungsmaßregeln
genommen, und trotz wiederholten verzweifelten Stürmen, Beschießun-
gen und Sprengungen von Minen, behauptete sich die kleine Besatzung
mit Hülfe der eifrig mitwirkenden Einwohner auf das heldenmüthigste,
und jeder erneuerte Angriff wurde mit unerschütterlicher Beharrlichkeit
abgeschlagen; 3 volle Wochen währte die Belagerung, den 14. October
erfolgte der heftigste und wüthendste, aber auch letzte Angriff auf die
Stadt; aus allen feindlichen Geschützen sprühte ein Feuerregen, und
hart am Karnthnenhore stürzte ein beträchtliches Stück Mauer ein; doch
so wüthend und verzweifelt das Stürmen darauf erfolgte, eben so
mannhaft und beharrlich wurde es abgeschlagen. Diese wiederholten.
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Volume 5
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe See-V
- Volume
- 5
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 604
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie