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Visconti, das Geschlecht. 267
Pio-Clementinum her, den eigentlich aber der folgende verfaßte. Er
starb 1784 an einem Aneurysma. En n i us Qu i r inus , Sohn
des Vorigen, geb. 1751, widmete sich, wie sein Vater, ganz dem
Studium der Alterthümer. Er war ein frühzeitiges Genie, soll schon
in einem Alter von 2 Jahren alle Bilder auf den Medaillen von Cäsar
bis Gal l ien us gekannt, 3 Jahre alt, vollkommen gut griechisch und
lateinisch gelesen, 10 Jahre alt, fast alle Wissenschaften sich schon eigen
gemacht/ und bald darauf in einer feyerlichen Prüfung die schwersten tri-
gonometrischen und algebraischen Aufgaben gelost, 13 Zahr alt, des Eu-
ripides Hekuba in italienische Verse übersetzt haben, und blieb dabey
doch kindlich und anspruchslos. Anfangs liebte er die Dichtkunst pradomi-
nirend, bald wandte er sich aber den Alterthümern zu, und unterstützte
seinen Vater in Errichtung des Museums Pio-Clementinum im Vati-
can. Seine Familie wollte aber höher mit ihm hinaus, sie wollte ihn
zum Cardinal machen. Deßhalb mußte er 1771 die Rechre siudiren, und
in der That ernannte ihn der Papst bald zum Camerlengo und Unter-
bibliothekar. Dennoch widerstrebte V. den Absichten seines Vaters, und
wollte nicht Geistlicher werden, weil er in Liebe gegen Angela The-
rese Dor ia entbrannt war. Vergebens entzog ihm Pius V I . meh-
rere Revenuen, um ihn zu bewegen, die Weihen zunehmen, verge-
bens ließ sich sein Vater einen andern Substituten setzen, er widerstand
dennoch, und heyrathete nach seines Vaters Tode, nachdem er seine
Pensionen wieder erhalten hatte, 1785 seine Geliebte. Er gab, wie
schon erwähnt, den Text zu den Kupfern des Museums Pio-Clementi«
num heraus, und nannte sich beym 2. Theil als den Verfasser; das
ganze Werk erschien in 8 Bden., Rom 1782—1807. 1793, bey der
ersten Besetzung Rom's durch die französische Republik, ernannte ihn
General B erthier zu einem der Mitglieder der provisorischen Regie-
rung ; er erfüllte dieses Amt mit Pflichttreue und Aufopferung, mußte
aber, als die Neapolitaner Rom besetzten, nach Perugia fliehen,
dann zurückgekehrt, bey der zweyten Besetzung nach Frankreich entweichen.
Kaum in Par is angekommen, wurde er dort, ohne darum gebethen
zu haben, zum Oberaufseher des neuerrichteren Museums, und zum
Professor der Archäologie bey demselben ernannt, auch wurde er Mite
glied des Institutes. Obgleich Denon 1303 zum Director des Mu-
seums ernannt wurde, blieb V. nicht minder thätig bey demselben, ver-
faßte den Catalog des Museums, lieferte auf N a v o l e o n's Veran-
lassung in seiner Iconogi-g^kie gi-ec^ue et i-omains, eine Samm-
lung aller aus dem Alterthume auf Münzen und Steinen übrigen
Portrats, und bald darauf eine Abbildung des Musee Napoleon
(später Mu566 ii-anhais), die seit 1806 in Par is erschien. 1815
wurde er durch Parlamentsschluß nach England eingeladen, um den
Preis der für das britische Museum anzukaufenden Denkmäler des
Lords Elgin (bekanntlichDenkmaler desPhydias vom Parthenon)
zu bestimmen. Nach seinem Ausspruche erhielt Lord Elg in 35,000
Guineen für dieselben. Er litt 1816 an einem organischen Fehler und
starb an demselben 1818. Außer den oben genannten Hauptwerken schrieb
V. eine Unzahl Monographien Über theils schon vor längerer Zeit, theils
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Volume 5
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe See-V
- Volume
- 5
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 604
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie