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vogl , Ioh. Nep. 677
ihre Licht« und Schattenseiten zu erkennen und das Gute derselben mit
Verschmähen alles FlittertandeS sich anzueignen. Weit entfernt von dem
Wahne so vieler Opernsänger, daß der Gesang die Hauptsache, das
Spiel aber nur Nebensache sey, suchte er sich auch als Schauspieler aus-
zubilden und zwar mit so glücklichem Erfolge, daß er schon deßhalb allein
die ehrenvollste Auszeichnung verdient. Von seinem ersten Auftreten an,
bis in das Jahr 1828, in welchem er in ehrenvollen Ruhestand versetzt
wurde, wirkte er mit gleicher Kraft und Weiho''.!/ entschiedener Lieb-
ling des Publicums, das seine Gunst gewiß noch keinem Würdigern zu
Theil werden ließ. Unter den vielen höchst gelung^^n Leistungen V.'s
in der deutschen, italienischen und französischen Opernmusik sind folgen-
de besonders erwähnenswerth : Dunois in Agnes iSorel; Orest in der
Iphigenia auf Tauris; Jacob in der Schweizerfamilie; Telasco in
Ferdinand Cortez, Graf in Figaro's Hochzeit; Jacob in Joseph und
seine Brüder; Daniel in Baal's Sturz; Wasserträger in den Tagen der
Gefahr; Creon in Idomeneus; selbst in kleineren Rollen, wie z. B.
als Minister in Fidelio ; Graf im Freyschützen i»7V. unvergeßlich. Auch im
Vortrage von Gesangstücken alla damei-a ist V. höchst ausgezeichnet,
und gewiß weiß Niemand den Geist der Sch übert'schen Lieder so richtig
aufzufassen und wahr in Tönen wiederzugeben, als er. Sein allgemein
bedauertes Abtreren von der Bühne zu einer Zeit, wo er noch im vollen
Besitze seiner Kraft und Stimme war, ist unstreitig ein großer Verlust
für die Kunst. Von allen Kennern und Freunden des echten empsindungs-
vollen Gesanges wird V. vorzugsweise als der erste deutsche dramatische
Sänger anerkannt; eine Auszeichnung, die um so ehrenvoller ist, je
selcener bey dem jetzigen Geschmack in der Musik, eigentlich dramatische
Sänger täglich werden. Er besitzt einen höchst angenehmen Bariton,
eine vortreffliche Singmethode, ist höchst sparsam mit Verzierungen ünd
opfert nie die edle Einfachheit des Gesanges den glanzenden Künsteleyen
auf, die ein falscher Geschmack so sehr bewundert, zu denen aber
auch nur ein schwaches Talent so gerne seine Zuflucht nimmt.
v o g l , I oh . Nep. , geboren 1802 zu Wien. Nach den ge-
wöhnlichen Vorbereitungsstudien trat er als Beamter in den Dienst der
nicderösterr. Landftände. Sein Talent wirkt hauptsächlich im Bereiche der
epischen Muse, obgleich seine lyrischen Leistungen großtentheils originell
sind. Belletristische Blätter, welche Aufsätze von ihm enthatten, sind : Die
Wiener-Theaterzeitung, Zeitschrift für Kunst und Literatur :c., Hor-
mayr's Archiv, S pindler's Damenzeitung , Planet, Phönix, die
Abendzeitung, Berliner Gesellschafter; Zeitung für die elegante Welt;
Spiegel, Feyerstunden u. a. m. Eine reiche Lese findet, sich ferner in
den Taschenbüchern: Huldigung den Frauen; Vesta; Aurora; Gedenke-
mein; Siona; in den histor. Taschenbüchern von H ormayr, Taschen-
buch zum gesell. Vergnügen von Har tmann, endlich im Wiener Ge-
sellschafter von Schumacher, in den Blüthen deutscher Sänger u. s. w.
1320 erschienen von ihm: Die Fruchtkorncr aus deutschem Grund und
Boden, ein Volksbüchlcin, deutsche Spruchweisen enthaltend. 1834
unternahm V. die Herausgabe emes Taschenbuches epischer Dichtungen,
unter dem (freylich nicht recht passenden) Titel: Österreichisches Wunder-
Oesterr. Nat. Encykl. Vd.V. ^?
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe See-V, Volume 5
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe See-V
- Volume
- 5
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 604
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie