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waldstein, Albrecht Graf v. 23
müssen. Er berief alle Obersten nach P i l sen , und vertraute seine ge-
fährlichen Plane vor Allen dem General Octav io P i c c o l o m i n i ,
auf dessen Freundschaft, Tapferkeit und Klugheit er daS größte Ver«
trauen setzte. Nachdem P icco lomin i ihn von dem zweydeutigen Un-
ternehmen abzuziehen vergebens versucht hatte, war es an ibm und den
Generalen Ga l las , A ldr ingen und Colloredo dem Hof die
Maßregeln W.'s zu enthüllen, welche einheimische und fremde Mini-
ster auf dunklerem Wege, meistens nur aus den Geheimnissen desAstro-
logen Sen i erspähen, aber nicht erweisen konnten. — Ihn ein zweytes
Mahl vom Oberbefehl abzurufen war nicht denkbar; ihn gefangen zu
nehmen bey der Möglichkeit, daß Ferd inand, der ihn so gern un»
schuldig gefunden hätte, ihn dennoch rechtfertigen könnte, wollte Nie-
mand wagen, ihn aus dem Weg räumen konnten Viele; wie weit aber
die Aufträge derer, die es unternahmen, gegangen sind — darüber
liegt Dunkelheit, wie über den Absichten, zwischen denen W. an seinem
Todesabend wohl noch im Wahlen war. Sich zum König von Böhmen
aufwerfen zu wollen, was man insgemein ihm Schuld gibt, konnte
höchstens als astrologische Grille ihm durch den Kopf wandeln; aber die-
ses Land dem Feinde zu öffnen, und für sich an der Ostsee ein unabhän-
giges Reich zu gründen, dieß war mit einem Heere, das größtentheils
ihm persönlich anhing, ausführbar, ohne daß W., der mit Mecklen-
burg einmahl belehnt, sich als deutschen Reichsfürsten ansah, es so
offenbar auf Hochverrath anlegen mußte. In Zeiten, wo der Partey
geist die Muse der Geschichte vertrat, herrschte nur zu viel Wider-
spruch in der Erzählunq der Nebenumstände, und die Nachwelt nimmt
in ihren Wahrscheinlichkeits - Berechnungen am sichersten an, daß
W. erst Verräther ward, als man ihn dafür hielt, und daß auch
der Monarch im ungeheuchelten schmerzlichen Gefühl das: „Ach, mein
W a l l e n s t e i n ! " ausrief, wenn seiner Erinnerung die ihm so
nützlich gewordenen Dienste des Geächteten sich andrängten, dem
er vom ersten Anfange seiner Regierung an viel schuldig war, und
den jetzt aufzuopfern -7- die Nothwendigkeit gebotb. — Nach mehre-
ren , äußerst geheim gehaltenen, Unterhandlungen mit den schwedi-
schen Heerführern, begab sich W. von der kai'erl. Acht verfolgt mit eini-
gen ihm treu gebliebenen Compagnien nnd seinen Anhängern nach Eger,
wo sich, da jeder Verzug Gefahr zu bringen schien, einige Officiere der
Garnison, an deren Spitze der Oberst Lesl ie, ein kathol. Irlander,
der W.'s ganzes Vertrauen besaß, stand, zu seinem Untergang verschwo-
ren. Den 35. Februar 1634 wurden bey einem in dieser Absicht von den
Verschwornen veranstalteten Bankett vorerst W.'s vertrauteste Freunde,
I l l o , Wi lh . K insky , sein Schwager Terz ky und dessen Adjutant
Neu mann überfallen und getödtet. Bald darauf drang Hauptmann
Deveroux mit einigen Soldaten in die Wohnung W.'s, der sich
kaum zur Ruhe gelegt hatte, und aus dieser durch den Knall einer los«
gegangenen Flinte und das Wehklagen der neben ihm wohnenden Gra-
sinnen Kinsky und Terzky, die so eben ihrer Gatten Ermordung er-
fahren hatten, erweckt worden war. Als Deverour mit einem Fuß-
tritt die verschlossene Thüre von des Herzogs Schlafgemach gesprengt
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe W-Z, Volume 6
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe W-Z
- Volume
- 6
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 668
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie