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Practikant zu einem Iustizbeamten nach Dan z ig , wo er aber kaum
ein Jahr blieb, da es seinem Ehrgeiz nicht behagen wollte, seinem
Principal Mittags den Tisch zu seroiren, und dann wieder in Abwesen-
heit seines Herrn, Bauern zu Protocoll zu vernehmen, oder Urtheile
zu schreiben. Er kam nun zu dem Vorstande der Forstoerwaltung der
Provinz Pommern, Oberforstmeister v. Ian i tz , bey dem, und bey
dessen Nachfolger, v. B ü l o w , er anfangs als Practikant, dann
als Secretar das ganze weitläufige Geschäft der Administration allein
besorgte. Schon hier hatte er vielfach Gelegenheit, seinem Hange zu
kalligraphischen Arbeiten Genüge zu leisten. Der für sein Vaterland so
unglückliche 14. Oct. 1806, in Folge dessen Alles vom Feinde überzo-
gen und anders geordnet wurde, brachte' auch ihn aus seinem Wirkungs-
kreise, und nachdem er sich bis 1803 vergebens um eine anderweit?
Anstellung bemüht hatte, kam er durch eine' Verkettung fast roman-
hafter Umstände, 1809 nach Wien , das er seitdem nicht verlassen
hat. Schon am ersten Abende wurde er im Leopöldstädter Theater,
durch das Entwenden seiner Brieftasche, die seine Barschaft und Zeug-
nisse enthielt, in die größte Verlegenheit gesetzt. Fremd, und ohne den
entferntesten Bekannten in einer so großen vom Feinde besetzten Stadt,
war ein Kellner (zum Lamm in der Naglergasse) von Allen, die er mit
feiner Noth bekannt machte, der Einzige, der ihm Helfer und Rathge-
ber wurde, und seine Gäste für ihn interessirte. Während er hier in der
breitell Fensterverkleidung des Gastzimmers, für den Einen etwas covirte,
für einen Zweyten ein Bittgesuch verfaßte, verfertigte er hier eine Stamm-
buchzeichnung, dort ein Stickmuster. Bald mehrten sich dis Bestellun-
gen. Im folgenden Jahre 1310 erhielt er in der Hauptbuchhalterey des
Grafen Theodor Ba t thyany einen Platz als Rechnungsrevisor
und von dieser Epoche ist sein eigentliches Wirken als Lehrer der Kalli-
graphie zu datiren. Bald gab er daher seine Anssellung auf, sich dem
neuen Berufe mit gan;er Seele weihend. Die erste Veranlassung zu dem
Versuch, die Schrift auf eine höhere Kunststufe zu stellen, und die Art
der Behandlung des kalligraphisch auszuführenden Gegenstandes mit der
Bedeutung der Worte in möglichen Einklang zu bringen, war im Früh-
jahre 1321 eine Subscriptions-Aufforderung, um Beyträge zur Er-
richtung eines Denkmals für die Tonsetzer Haydn, Mozar t und
Gluck einzusammeln^ Da das Schriftbild zum Andenken dieser 3 Groß-
meister der Tonkunst mit aufgestellt werden sollte, so hatte ör sich be-
müht, ohne das Zusammenwirken des Ganzen zu einem harm'onischen
Totaleffect außer Acht zu lassen, den obern Theil im Charakter eines
Andante, den mittlern (mit den Nahmen) in deck eines Adagio, den
Schluß in dem einesAllegro darzustellen. ZugleicherZeitbegann er ein gro-
ßes Schriftbild, dessen erste ihn nicht befriedigende und eben deßhalb von rhltt
nicht vollendete Ausführung in seinem Besitz, die zweyte dem Kaiser F r a n z
dedicirt und im polytechnischen Institute aufgestellt, die dritte in englischer
Sprache und fürLondott bestimmt, in seinen äußern Verzicrimqcn un-
vollendet geblieben ist. Es sollte das Blatt den Reichthum der menschli-
chen Kenntnisse, und die Nahmen der Begründer oder Meiäheroorra-
genden in jeder Wissenschaft zur Anschauung bringen, wie denn z. B/
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Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe W-Z, Volume 6
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe W-Z
- Volume
- 6
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 668
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie