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N)rbna und Freudenthal, Rudofph Graf v<
stigkeit W.'s, der dem Doppelsinne der französischen Sprache mit gro-
ßer Gewandtheit zu begegnen, und durch den schnellen Abschluß mit den
fremden Behörden jedem wettern Verluste vorzubeugen verstand. —
Nach so vielen Stürmen erschien der freundliche Regenbogen den Bür-
gern Wien's. In emem Handschreiben aus Holitsch vom 12.Jan.
1306 äußerte der Monarch seine volle Zufriedenheit gegen W. Es be-
nannte W. zum OberMmmerer mit dem ausdrücklichen Vorbehalte,
daß dessen Wirkungskreis nicht bloß auf die gewöhnlichen Verrichtun-
gen desselben eingeschränkt, sondern auch auf wichtigere Staats»'
geschäfte ausgedehnt sey, welche der Monarch zu seiner Beruhigung
und zum Wohle seiner Länder W. zu übertragen für nöthig erachten
werde. —Diese ehrenvolle Urkunde über die Verdienste W.'s, die in
vielfaltigen Abschriften schnell verbreitet wurde, erweckte die lebhaf-
teste Freude unter den Bürgern Wien's, und alle nahmen herzlichsten
Antheil an den rühmlichen Auszeichnungen des Mannes, der mit ihnen
so standhaft und ehrenvoll jede Gefahr überstanden. — In dem großen
Wirkungskreise, den seine neue Würde ihm darboth, gewann W. das
achtungsvolle Zutrauen seines Monarchen täglich mehr; er blieb auf
allen Reisen dessen unzertrennlicher Begleiter, in' vielen Angelegenhei-
ten des Staates ein treuer Rathgeber, ja bey großen häuslichen Un-
glücksfällen ein theilnehmender, tröstender Freund, ohne jemahls die
Linie zu überschreiten, welche Ehrfurcht zwischen dem Landesfürsten und
dem Unterthan gezogen hat. — Die Feyer der Wiedervermählung des
Kaisers den 6. Jan. 1803 wurde durch die Auszeichnung der verdienst-
vollsten Staatsmänner erhöht. Der Monarch ernannte W. zum Ritter
des goldenen Vließes. — Auch während der Periode von 1309 blieb
W. sein unzertrennlicher Begleiter, und theilte alle Gefahren mit
ihm. Als der Friede dem Abschlüsse nahe war, wurde W. als landeö-
fürstlicher Hofcommissär wieder nach Wien gesendet, wohin ihn die
allgemeine Stimme schon längst sehnsuchtsvoll gerufen hatte. Als
13 li in Folge des neuen Finanzplanes, ein neues Papierge'd (dieEin-
lösungsscheine) ausgegeben wurde, bewog das W. allgemein gewordene
Zutrauen den Kaiser, ihn zum Präsidenten der bey diesem Anlasse
aufgestellten Einlösungs- und Tilgungs-Depucation zu ernennen, auf
deren Arbeiten der Staatscredit zum großen Theil beruhte. W. blieb
fortan an der Seite des Kaisers, und seine Brust verschloß fest die
wichtigsten Geheimnisse, die den österr. Staat oder dessen Herrscher-
haus berührten. So oft aber der Monarch seine Meinungen über Ge-
schäfte und Personen zu hören verlangte, sprach er, nur der Stimme
seiner innern Überzeugung folgend, diese frey und unbefangen aus,
und glich stets einem reinen Soiegel, in welchem die Wahrheit wieder-
strahlte. Als der Gnadenspender eines der wohlthätigsten Fürsten theilte
er allein während der 16 Jahre ftiner ehrenvollen Bestimmung Millio-
nen unrer Hülfsbedürftige aus; das angenehmste Geschäft für sein edles,
wohlwollendes Herz, das allcn Unglücklichen zu helfen wünschte. Als
Oberstkämmerer wurde er auch der Sprecher vieler Unglücklichen und
'Gekränkten; er hörte Jeden mir Sanftmuth an, entließ Keinen ohne
Trost, und öffnete ihnen in dringenden Fällen den Weg zum Thron deö
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Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe W-Z, Volume 6
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe W-Z
- Volume
- 6
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 668
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie