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Zucker - i L rzeuguny . 321
zu erzeugen, was gewiß viel dazu beytragen wird, den Wohlstand
vieler seiner Bewohner zu vermehren. — Es ist hier noch der Fabrik
auf flüssigen Kartoffelzucker zu Kal tenberg nächst Nußdorf bey
Wien unter der Leitung des Chemikers H. Ludwig zu erwähnen,
welches Etablissement seit einigen Jahren in einer bedeutenderen selbst-
ständigen Entwicklung besteht. Zwar werden außerdem in Deutsch-
land, Frankreich, Polen / Ungarn :c. auch Syrupe aus Kartoffeln
bereitet; doch alle werden mittelst Schwefel- oder Vitriolsäure, oder
seit der Entdeckung von Payen und Persoz, mittelst Diastase
fabricirt. Alle Producte der Art jedoch, besonders mit Vitriolsäure
(Rücksichten für die Gesundheit unbeachtet) geben ein Süßmittel mit
lvidrigem bitteren Nachgeschmack; biethen somit der reinen Versüßung
ein Hinderniß mehr und versagen, als Stellvertreter des indischen Rohr-
zuckers, bey fast allen kalten und warmen Getränken, gesunde, zweck-
mäßige Anwendung. Die Diastase äußert als Zucker entbindendes Mit-
tel nebenbey zu wenig Kraft, so, daß ein Pfund kaum die Hälfte
Süßstoff gegen L udwig'sches Fabrikat enthält. Alle diese Mängel neh-
men dem Kartoffelzucker, mit Ausnahme des Lu dwig'schen, die Selbst-
ständigkeit; würdigen ihn bloß zum Verfälfchungsmittel desRohrzucker-
syrups herab; beschränken seine Anwendbarkeit; entwerthen ihn dald
durch schnelle Concurrenz; entsprechen somit nicht dem National-Bedürft
nisse und Zwecke, zur verminderten Einfuhr des ausländischen Rohrzuckers,
und geben sich im Handel und in der socialen Anwendung die Stellung,
wie Kaffeh gegen Cichorie. Die Fabrik verkauft seit mehr als 3
Jahren ihr Product im Großen und Kleinen das Pfund zu 7 und 3
Kreuzer C. M. (also viermahl wohlfeiler als der heimische Runkelrüben-
zucker kommt) in einer öffentlichen Niederlage zu W ie n (Kärnthner-
straße Nr. 941.) Das Publicum hat sich bereits an dieses gesunde,
reine, wohlfeile Versüßungsmittel gewohnt; öffentliche Blätter und
rationelle Ärzte empfehlen es in ärztlicher und diätetischer Beziehung;
die häusliche Sparkunst findet gegen Rohrzucker gute Rechnung, und
so können selten, obschon auf 3 Pfannen ununterbrochen gesotten wird,
kaum die Wiener-Platzbedürfnisse, seltener der auswärtige Begehr be-
friedigr werden. Der Vergleich aller anderen, aus Kartoffeln bisher
resultirenden Syrupe/ setzt den Thatbestand außer Zweifel, daß der
Lud wig'sche fiüssige Zucker vor allen (in Europa bis nun erschienenen
Productionen aus Kartoffel-Stärkemehl) Vorzüge in der Bereitungsart,
in der reinen Darstellung, im Geschmacke und Süßkraft hat. Diese
Anerkennung^hat auch unzählige Anfragen und Bewerbungen aus- und
inländischer Ökonomen veranlaßt, das Fabriksgeheimniß gründlich zu
erfahren, und Etablissements der Art auf eigenthümlichen Gütern zu
gründen. — Die Fabrik, sammt ihrem Vorsteher, von Industrie le-
bend, hat bloß allein von ihrem Zuckerbildungsmittel, wie einst Chap-
tal von seinem Klärmittel, ein wohlverwahrtes Geheimniß gemacht.
Eine so ausgedehnte Anwendung der productiven Kartoffelfrucht auf
das Ganze der Landwirthschaft, und somit Rückwirkung aufWertherhö-
Oesterr.Nat. Cncykl.Vd.VI. 21
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe W-Z, Volume 6
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe W-Z
- Volume
- 6
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 668
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie