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68 K. Janowski et al.
Kopfschütteln (Mehlmann et al. 2014). Umgekehrt sollte der Roboter auch in der Lage
sein zu erkennen, wann das Engagement des Nutzers nachlässt, und Gegenmaßnahmen
ergreifen. Eine große Herausforderung besteht darin, dass der Nutzer fehlendes Engage-
ment nicht immer explizit zum Ausdruck bringt, sondern implizit durch soziale Hinweis-
reize wie Abwenden des Blicks oder fehlende Rückkopplungssignale kommuniziert.
4.2.3 Längerfristige Interaktionen
Sidner et al. (2013) haben den Begriff eines „Always-On“-Roboters geprägt. Dies
bedeutet, dass ein Roboter dem Nutzer permanent zur Verfügung steht und ihn wahr-
nimmt, ohne dass dieser den Roboter jedes Mal einschalten muss. Dazu muss der Robo-
ter in der Lage sein, zu verstehen, wann der Nutzer interagieren möchte und wann nicht.
Eine Voraussetzung hierfür ist die Fähigkeit, die menschliche Anwesenheit wahrnehmen
und darauf reagieren zu können. Der Roboter sollte fähig sein, aus Eigeninitiative auf
sich aufmerksam machen zu können, um bei Bedarf eine Interaktion zu veranlassen.
Roboter in der Rolle von Gefährten sollten sich gesprächsübergreifend an frühere
Inhalte erinnern, um darauf Bezug zu nehmen oder Nutzerinnen und Nutzer bei Bedarf
mit Informationen versorgen zu können. Dabei ist aber nicht nur das Erinnern selbst
von Bedeutung, sondern auch das gezielte Vergessen von Inhalten früherer Gespräche
oder Ereignisse. Ein menschlicher Gefährte wird sich in den seltensten Fällen an den
genauen Wortlaut von Gesprächen erinnern können. Bei einem künstlichen Gefährten
wäre dies kein Problem, aber nicht unbedingt wünschenswert. Da Vergessen mensch-
lich ist, verliert ein Roboter, der zu jedem Zeitpunkt alle Geschehnisse inklusive aller
Details rekapitulieren kann, unter Umständen an Glaubhaftigkeit. Darüber hinaus besteht
die Gefahr, dass ein solcher Roboter Unbehagen hervorruft, da Menschen sich in ihrer
Privatsphäre verletzt fühlen. Nach Lim et al. (2009) erlaubt das Vergessen einem Roboter
auch, sich – ähnlich wie der Mensch – auf wichtige Aspekte zu fokussieren, was lang-
fristig ein konsistentes Verhalten und den Ausdruck von Persönlichkeit begünstigen kann.
Der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Nutzer und Agent ist eine
wesentliche Voraussetzung für eine längerfristige Nutzung. Bickmore und Cassell setzen
auf Small Talk (Bickmore und Cassell 1999), um eine gemeinsame Grundlage zwischen
Menschen und Agenten aufzubauen und den gegenseitigen Zusammenhalt zu stärken.
4.2.4 Sozial situiertes Lernen
Um den individuellen Vorlieben, Präferenzen, aber auch Einschränkungen des mensch-
lichen Gegenübers entgegenzukommen, sollte ein sozialer Roboter in der Lage sein,
diese wahrzunehmen und zu erlernen, sich entsprechend der jeweiligen Situation passend
zu verhalten. Hierbei müssen nach Tapus et al. (2007) Kurzzeit- und Langzeitänderungen
unterschieden werden. Zum einen müssen die aktuellen Bedürfnisse des Gegenübers
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