Page - 9 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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1. EINLEITUNG
Spricht man von fürstlichen oder aristokratischen Porträtsammlungen, so
hat man meist Galerien von gemalten Ahnenbildnissen vor Augen, die in
Prunksälen großer Schlossbauten oder in eigens eingerichteten Ahnensä-
len der dynastischen Selbstdarstellung großer und kleinerer Fürstenhäuser
dienten. Seit der frühen Neuzeit gehören Ahnengalerien zum Ausstattungs-
programm fürstlicher Residenzen und bilden dort ein Paradebeispiel feuda-
ler Machtdarstellung. Derartige Porträtgalerien, von Walter Schürmeyer
im Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte als „Bildnissammlung von
Mitgliedern eines bestimmten Geschlechts aus mehreren Generationen“ de-
finiert,1 erfüllten über das Repräsentationsbedürfnis hinaus stets auch einen
auf Legitimation gerichteten Zweck. Durch Veranschaulichung der eigenen
Abstammung wird der historische Herrschaftsanspruch aufgezeigt.
Dies verbindet sie mit den gemalten Stammbäumen oder Stammtafeln,
die gleichfalls die genealogische Abstammung eines Hauses sichtbar mach-
ten, um daraus politische Ansprüche abzuleiten. Das Interesse der Habs-
burger an solch dynastisch-genealogischen Forschungen erreichte unter
Kaiser Maximilian I. (1459–1519) einen Höhepunkt. Genealogen wie Jakob
Mennel oder Johannes Stabius erstellten in seinem Auftrag Ahnenreihen
und Stammbäume, die den Ursprung der Habsburgerdynastie bis in die An-
tike zurückverfolgten, um Macht und Ruhm des Hauses Habsburg zu unter-
mauern. Auch kleinere Fürstenhäuser widmeten sich eingehend der eige-
nen Familiengeschichte und setzten viel daran, möglichst vollständige und
ruhmreiche Ahnenreihen erstellen zu lassen, um die Bedeutung des eigenen
Geschlechts zu untermauern und den Herrschaftsanspruch über ihr jeweili-
ges Territorium zu stützen.
Das historisch-genealogische Interesse förderte nicht nur eine beträcht-
liche Anzahl von gestochenen Stammbaumdarstellungen zutage. Seit dem
frühen 16. Jahrhundert entstanden auch druckgrafische Ahnenreihen von
Einzelbildnissen wie etwa die 122 Blätter umfassende genealogische Holz-
schnittfolge Hans Burgkmairs für Kaiser Maximilian I.2
Als druckgrafische Blätter schließlich mehr und mehr zum Gegenstand
fürstlichen Sammlungsinteresses wurden, wurden Porträtstiche von Ange-
hörigen dynastischer Familien oft in eigenen Bänden unter genealogischen
Gesichtspunkten zusammengestellt und ergaben so eine neue Form von
1 Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte, Bd. 1, München, 1937.
2 ÖNB, HAD, Cod.8018, Genealogia Maximiliani I. caesaris, Augsburg, 1510/12. Die Hand-
schrift enthält 77 Holzschnitte von Hektor bis Maximilian I.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur