Page - 27 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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2. PORTRÄTGRAFIK IN DER KAISERLICHEN PRIVATBIBLIOTHEK 27
denden Standesverweises“ (Roland Kanz)55 zugrunde lag. Zunächst noch auf
historische bzw. altrömische Persönlichkeiten beschränkt, entstanden nach
und nach auch Folgen von Gelehrten-, Geistlichen- oder Künstlerporträts in
wachsender Zahl und regionaler Verbreitung. Das Porträt, das zu Beginn
meist als Medaillenbildnis zur bildlichen Ausstattung eines Elogiums oder
einer Lebensbeschreibung beigefügt wurde, nahm zunehmend eine beherr-
schendere Rolle gegenüber dem Text ein, bis dieser in vielen Fällen nur
mehr als erläuternde Ergänzung der Bildnisse fungierte.
Diese Porträtstiche bildeten, wenngleich sie in Druckwerken enthalten
waren, stets einen integralen Bestandteil der Porträtsammlung Franz’ I.
Historischen Aufzeichnungen zur Sammlung lässt sich entnehmen, dass
der Bibliotheksbestand nicht prinzipiell getrennt von der Kunstsammlung
gesehen wurde, sondern, etwa im Falle der Porträtwerke, Bibliothek und
Grafiksammlung eine Einheit bildeten. So schreibt noch der Kustos k. und k.
Familien-Fideikommiss-Bibliothek, Alois Karpf, in einem Bericht zu den Lo-
kalen der Porträtsammlung im Augustinergang der Hofburg aus dem Jahr
1893: „Die Sammlung zählt über 130 größere Porträtwerke und ungefähr
80.000 Einzelporträte“.56
Ein solch umfassendes Verständnis einer Sammlung von Einzelblättern
und illustrierten (Porträt-)werken als „Ikonografische Sammlung“ war zur
Zeit Kaiser Franz’ I. keinesfalls unüblich. Eine der umfangreichsten zeit-
genössischen Porträtstichsammlungen in Deutschland, die des Frankfurter
Richters und Bürgermeisters Gerhard Matthäus Wallacher (1744–1806),
wird in einem Bericht aus dem Jahr 1806 quantitativ folgendermaßen be-
schrieben: „Sie bestehet in 3916 Bänden […]. Diese 3916 Bänden enthalten
176260 Portraits. Sodenn an losen Portraits, so nicht in Büchern stehen
22909. Mithin zusammen 199169 Stück.“57 Wallacher legte einen zehnbändi-
gen Katalog zu seiner Sammlung an, in dem sämtliche Porträts, sowohl die
losen Blätter als auch jene, die in Büchern enthalten waren, nach alphabeti-
scher Ordnung erfasst waren. Bei den Porträts aus Büchern führte er jeweils
auch den Titel des Druckwerkes an.
Die Katalogisierung von grafischen Bildnissen in Druckwerken der ehe-
maligen kaiserlichen Privatbibliothek wurde hingegen erst nach dem Tod
des Kaisers in Angriff genommen.58 Etwa zur gleichen Zeit begann man auch
55 Kanz (1993), S. 46.
56 ÖNB, BAG, Archiv der Fideikommissbibliothek, Box „Autographen“, Manuskript von
Alois Karpf, „Die k. u. k. Familien-Fideicommiss-Bibliothek“, fol. 8. Stark gekürzt erschie-
nen in: Zentralblatt für Bibliothekswesen (1893), S. 357 f.
57 Gaudelius (1806), S. 167.
58 Drei unterschiedliche Kapselkataloge mit den Bezeichnungen „Catalog“, „Porträte aus
Büchern“ bzw. „Bücher“ verzeichnen die in Druckwerken enthaltenen Einzelporträts und
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur