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II.
SAMMELSTRATEGIEN64
oder zu den regelmäßigen Lieferungen von Kupferstichen durch beauftragte
Agenten, haben Belege von Erwerbungen im Kunsthandel immer eine ge-
wisse Aussagekraft hinsichtlich des persönlichen Geschmacks des Sammlers
durch das Prinzip der Selektion.
Auch wenn bei Rückschlüssen stets berücksichtigt werden muss, dass
diese Selektion auf der Grundlage eines vorhandenen Angebots des jeweili-
gen Händlers oder eines Verkaufskataloges basiert und man nicht von einem
unbegrenzten Angebot im Kunsthandel ausgehen darf, so erlauben die er-
haltenen Rechnungen jedenfalls, sofern sie eine Datierung aufweisen, nicht
nur eine zeitliche Rekonstruktion der Ankäufe, sondern dokumentieren im
Idealfall auch, welche Einzelblätter in den Besitz des Sammlers gelangten.
Im Fall der Belege, die sich in den monatlichen Kammerrechnungen des
Erzherzogs Franz erhalten haben, begegnet der Glücksfall, dass durch die
genaue Aufstellung der veräußerten Blätter in den meisten Fällen eine ein-
deutige Identifizierung der dargestellten Personen auf den Bildnissen mög-
lich ist, bisweilen sind zusätzlich noch die Künstler vermerkt. Einige der
Rechnungen bleiben hinsichtlich ihres Inhalts weniger eindeutig, etwa wenn
im Falle von Ersteigerungen auf Auktionen nur eine Aufstellung von Los-
nummern ohne den dazugehörigen Auktionskatalog vorliegt. In nahezu al-
len Fällen sind die jeweiligen Positionen mit einem Kaufpreis versehen. Die
Porträtstiche aus dem frühesten Besitz des Erzherzogs lassen sich auf diese
Weise, auch wenn manche Ankäufe keinen Eintrag in den monatlichen Ab-
rechnungen erhalten haben sollten, mit einiger Genauigkeit rekonstruieren.
Die Rechnungsbögen, die die Ausgaben des Erzherzogs für die Jahre 1785
bis 1791 ausweisen, sind nach Monaten chronologisch geordnet und wurden
von ihm persönlich geführt. Zunächst folgt ein Bogen mit den Rubriken „An
Wen?“ und „Wofür?“, in welchen die monatlichen Ausgaben eingetragen wur-
den. Die Aufwendungen werden nach bestimmten Kategorien gegliedert wie
etwa Trinkgelder und Almosen für kirchliche Einrichtungen, Privatpersonen
und Soldaten oder Löhne für Sprach- und Tanzlehrer. Nachweise für den
Erwerb von Kunstblättern finden sich meist unter den Bezeichnungen „zu
nützlichen Anschaffungen“ bzw. „für verschiedene nöthige Gegenstände“.
Den zweiten Teil der monatlichen Rechnungen bilden die Abrechnung sei-
nes Kammerdieners Florian Schmidt. In einem eigenen Umschlag sind hier
zunächst die Auslagen für Handwerker, Dienstpersonal oder Almosen ange-
führt, danach folgen die entsprechenden Quittungen. Empfänger von Almo-
sen mussten den Erhalt per Unterschrift quittieren. Belege über den Ankauf
von Kunstblättern lassen sich hier nur ausnahmsweise finden.
Die Auswertung des Materials gewährt einen Einblick in die Zusammen-
setzung der Sammlung in den ersten Jahren. Der früheste Rechnungsbeleg
für Porträtgrafik, nämlich das erwähnte Bildnis Admiral Rodneys, stammt
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur