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II.
SAMMELSTRATEGIEN96
Erkenntnis, dass sich diese zum Zeitpunkt der Entstehung des Kataloges
gar nicht in der Sammlung befunden haben können. Dies lässt wiederum
den Schluss zu, dass das Verzeichnis in erster Linie zum Zwecke der Ver-
vollständigung der Sammlung und zum Abgleich mit bereits vorhandenen
Blättern erstellt wurde. So bemerkt auch Rudolf Payer von Thurn, dass mit
dem Verzeichnis „der Entwurf, gewissermaßen das Endziel der Sammlung,
die Übersicht des erst zu Sammelnden vorliegt, in der die tatsächlich erwor-
benen Blätter mit einem Bleistifthäkchen gekennzeichnet werden.“291
Dem ist zunächst einmal entgegenzuhalten, dass der Katalog keinerlei
Häkchen aufweist. Einige Namen von Kupferstechern sind hingegen mit
roter Tinte unterlegt. Am Ende des ersten Faszikels folgt schließlich eine
Addition der rot unterstrichenen Einträge der Buchstaben F bis P, die eine
Summe von 681 ergibt. Am Ende des zweiten Faszikels findet sich wiede-
rum der Vermerk „232 roth unterstrichen“. Es lassen sich jedoch vielen der
so gekennzeichneten Positionen weder konkrete Objekte in der Sammlung
zuordnen, noch sind diese in später angelegten Katalogen und Inventaren
nachweisbar. Bei näherer Betrachtung der Schreibweisen einzelner Namen,
Standesbezeichnungen oder Kommentare lässt sich weiters erkennen, dass
diese meist direkt von Porträtstichen übernommen wurden. So ist etwa
das Porträt des Architekten und Bildhauers Agostino di Giovanni aus Va-
saris Viten292 zwar nicht ganz korrekt, jedoch gemäß der Bildunterschrift
mit „Agostino Sanese Scultore ed [sic!] architetto“ erfasst. Der Porträtstich
des 1761 an seinen bei Hamm erlittenen Verwundungen verstorbenen Alb-
recht Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel von Johann Martin Berin-
geroth ist, verkürzt aus der Umschrift des Kupferstiches übernommen, mit
„Albert Henry Pr. de Brunsvig mort de ses Blessures en 1761“ angeführt.293
Das 1776 bei John Bell in London erschienene Rollenbildnis der englischen
Schauspielerin Frances Abington als Beatrice in Shakespeares „Much Ado
About Nothing“294 wird im Katalog als „Abington / Mrs / in the Character of
Beatrice, in much ado about nothing“ aufgelistet.
Ähnliche Beispiele ließen sich noch viele anführen und bestätigen die An-
nahme, dass Franz die entsprechenden Blätter bei deren Verzeichnung vor
Augen gehabt haben muss. Hierfür sprechen auch zahlreiche Anmerkun-
gen zur äußerlichen Beschaffenheit einzelner Blätter. Ein großformatiges
Mezzotinto von Gabriel Bodenehr dem Jüngeren etwa, das Karl VII. als rö-
291 Ebenda, S. 69.
292 Vasari, Giorgio, „Le vite dei più eccellenti architetti, pittori et scultori italiani“, Ausgabe
von 1568, Erster Teil.
293 ÖNB, BAG, PORT_00052478_01.
294 British Museum, Inv. Nr. K,57.11; Burnim, Highfill (1998), Nr. 1.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur