Page - 118 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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II.
SAMMELSTRATEGIEN118
Das Herzstück der Brandes’schen Kunstsammlung war ein Kupferstich-
kabinett von rund 27.000 Blättern, das in fünf Schulen (Italienische, Nie-
derländische, Französische, Deutsche und Englische), und innerhalb dieser
alphabetisch nach den Malern bzw. Inventoren der Stiche geordnet war.
Jedes Œuvre begann mit Porträts des Meisters, es folgten Szenen aus dem
Alten und Neuen Testament, danach Marienbilder, Heilige, profane Motive,
Allegorien, Landschaften, schließlich Porträts und Studienblätter.372 Im Ge-
gensatz zur Porträtsammlung waren die Blätter nicht gebunden, sondern
wurden lose in Portefeuilles aufbewahrt.
Brandes tauschte sich mit Kommissionären und Agenten in England,
Holland, Frankreich und Italien über neu erschienene Werke aus und ließ
sie sich, sofern sie in seine Sammlungen passten, schicken. Sein besonderes
Augenmerk lag dabei auf Probe- und Zustandsdrucken, die er, etwa im Falle
englischer Blätter, aus erster Hand vom Londoner Radierer und Verleger
John Boydell erhielt.373 Neben seiner Sammeltätigkeit veröffentlichte er Bei-
träge in Göttinger Zeitungen und in Friedrich Nicolais „Bibliothek der schö-
nen Wissenschaften und freyen Künste“, die dieser ab 1759 zusammen mit
Moses Mendelssohn herausgab. Er verfasste dort meist anonym allgemeine
Beiträge über die Künste und zahlreiche Rezensionen zu neu herausgekom-
menen Kupferstichwerken. Zur eigenen Sammlung erstellte Brandes einen
ausführlichen vierbändigen Katalog in französischer Sprache, der zu jedem
Blatt den Titel, den Besitzer des Gemäldes, sofern bekannt, den Kupferste-
cher, das Maß und schließlich eigene Bemerkungen über den vorliegenden
Abdruck enthielt. Ein fünfter Band erschloss in alphabetischer Ordnung die
Porträtsammlung. Beide Kataloge sind heute nicht mehr nachweisbar.374
4.3.1 Der Verkauf der Sammlung
Schon zu Lebzeiten Brandes’ weckte dessen Kupferstichsammlung das Inte-
resse an verschiedenen europäischen Fürstenhöfen. Dennoch sollte es nach
seinem Tod noch fünf Jahre dauern, bis die Sammlung ihre letzte Aufstel-
Brandes als Kupferstichsammler und seiner Auseinandersetzung mit der Druckgraphik
siehe auch Brakensiek (2003), S. 425–438; Priever (2010), S. 127–140.
372 Diese Art der Klassifizierung hatte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts allmählich durch-
gesetzt. Brakensiek (2003), S. 435.
373 Annalen der Braunschweig-Lüneburgischen Churlande (1787), S. 103.
374 Überliefert ist der von Michael Huber überarbeitete und erst nach Brandes’ Tod erschie-
nene „Catalogue raisonné du Cabinet d’Estampes de feu Monsieur Brandes […] (1793)
sowie der handschriftliche Katalog zur Privatbibliothek, heute Landesbibliothek Olden-
burg, CIM I 88, MM 1-7.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur