Page - 130 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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II.
SAMMELSTRATEGIEN130
(1504)407 ein, welchen er dem Kaiser gewidmet hatte. Longhi erhielt darauf-
hin 150 Dukaten und eine goldene Dose.
Neu erschienene Porträtstiche des Fürsten Karl Philipp von Schwarzen-
berg, des Königs Wilhelm I. von Württemberg, des Königs Maximilian I. Jo-
seph von Bayern, des Herzogs Karl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach
oder des Großherzogspaares von Hessen wurden von Kupferstechern aus den
jeweiligen Ländern eingesandt und, sofern nicht schon in der Sammlung vor-
handen, durch Gegengaben, meist in Form von Geldgeschenken, honoriert.
Auf finanzielle Unterstützung durch den Kaiser durften auch Studenten
der Akademien in Wien oder Graz hoffen, die sich mit grafischen Arbeiten,
meist Reproduktionen nach bekannten Originalen, vorstellten. Gelegentlich
wurden Arbeiten auch vom Präsidenten der Akademie der bildenden Künste
in Wien, Oberstkämmerer Johann Rudolf Graf Czernin, eingereicht. Franz
nahm die Werke meist an und ließ sie aus den Bibliotheksgeldern bezahlen.
Die Annahme eines Porträtstiches des Guardians der Kapuziner vom erst
sechzehnjährigen Akademieschüler Karl Lavos im Jahr 1829 empfahl Bib-
liotheksvorstand Khloyber dem Kaiser mit der Bemerkung, „weil […] Eu-
ere Majestät geschickten Jünglingen gerne aufmunternde Unterstützungen
angedeihen laßen […]“.408 Lavos, Bruder des Porträt- und Genremalers Jo-
seph Lavos, wandte sich daraufhin noch zweimal mit neuen Werken an den
Kaiser, so etwa 1834 mit einem Reproduktionsstich nach Ferdinand Georg
Waldmüllers Genrebild „Der alte Geiger“ (1828). Im Begleitschreiben zu dem
Kupferstich gab Lavos bekannt, dass er als Knabe im Theater am Kärnt-
nertor als Tänzer engagiert war, bis er „durch eine vor acht Jahren ausge-
standene Krankheit aber ganz gehörlos geworden, und hiedurch des Glücks
beraubt wurde, als Tänzer sein Fortkommen und Unterhalt zu haben“.409
Khloyber empfahl dem Kaiser daraufhin, das Blatt aufgrund des Könnens
und der Bedürftigkeit des Künstlers abzunehmen. Lavos gehöre „zu den bes-
seren Künstlern Wiens“ und „sein gegenwärtiges Blatt ist gelungen zu nen-
nen. Hinsichtlich seiner Aufführung liegen die besten polizeilichen Notizen
vor.“410 Der Kaiser befahl im März 1834 den Erwerb von fünf Abzügen des
Stiches und die Auszahlung von 54 fl. an den Künstler, welcher kurz darauf
verstarb.411
407 ÖNB, BAG, Pk 511,125. Franz behielt ein Exemplar vor der Schrift und drei nach der
Schrift für die eigene Kupferstichsammlung und ließ zwei Exemplare der Hofbiblio-
thek und ein Exemplar der Akademie der bildenden Künste übergeben. ÖNB, BAG,
FKBA06023.
408 ÖNB, BAG, FKBA13045, fol. 3r.
409 ÖNB, BAG, FKBA18030, fol. 1v.
410 Ebenda, fol. 3r–v.
411 Wurzbach (1865), Bd. 14, S. 231.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur