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5. ERWERBUNGEN UNTER DEN BIBLIOTHEKSVORSTEHERN YOUNG UND KHLOYBER 131
Letztendlich war ein beträchtlicher Teil der Einsendungen mit der Bitte
um finanzielle Unterstützung verbunden. Mittellose Künstler und Dilettan-
ten übersandten dem Kaiser unter dem Vorwand, ihm ein möglicherweise
interessantes Sammelobjekt überreichen zu wollen, Bittgesuche, in denen
sie auf ihre Hilfsbedürftigkeit aufmerksam machten. Dieser vergleichsweise
direkte Weg über die Privatbibliothek ersparte dem Bittsteller, sich mit sei-
nem Anliegen an eine Hofstelle zu wenden, wo ein derartiges Gesuch für ge-
wöhnlich bearbeitet worden wäre, oder an einer der zahlreichen Audienzen
des Kaisers teilzunehmen.412
So bezeugen viele der beiliegenden Schreiben, dass der Adressant etwa
„Kinder zu ernähren“ habe413 und es mit der finanziellen Situation nicht zum
Besten stehe. In der Mehrheit der Fälle genehmigte Franz die Abnahme des
Offerierten und gewährte dem Bittsteller eine Zahlung aus der Privatkasse.
Als derlei unaufgeforderte Einsendungen, insbesondere aus dem deutsch-
sprachigen Ausland, schließlich ausuferten, sah sich Franz auf Anraten sei-
nes Bibliothekars Peter Thomas Young 1823 genötigt, einen Erlass in den
maßgeblichen ausländischen Zeitungen zu publizieren, wonach unaufgefor-
derte, ungenehmigte Einsendungen fortan dem Einsender, unter Umstän-
den auch auf dessen Kosten, zurückgestellt werden.414
5.2 Das Zirkularschreiben an die Gesandtschaften
Einen letzten entscheidenden Impuls zur Vermehrung der Sammlungsbe-
stände vor dem Tod des Kaisers bildete die per Umlaufschreiben an die k.k.
Gesandtschaftsposten gesendete Anordnung, Bildnisse von Angehörigen der
fürstlichen Familien, an deren Höfen die Gesandten akkreditiert waren, für
die kaiserliche Porträtsammlung zu erwerben.
Das Schreiben, das auf das Schließen von Lücken in der genealogischen
Abteilung der Porträtsammlung zielte, wurde im Februar 1828 an 21 Ge-
sandtschaften in auswärtigen Staaten verschickt und vermehrte die Samm-
lung in den darauffolgenden Jahren um weitere hunderte Bildnisse fürst-
licher Familien aus ganz Europa. Insbesondere die Bestände zu einigen zu
diesem Zeitpunkt noch unterrepräsentierten souveränen deutschen Fürsten-
häusern konnten durch die eingetroffenen Sendungen ergänzt werden.
Die Strategie, sich zur Ergänzung der Bildnissammlung der eigenen fami-
liären und politischen Beziehungen zu bedienen, stellt unter den Sammler-
412 Knieling/Huber-Frischeis/Valenta (2011), S. 76 f.
413 ÖNB, BAG, FKBA20088.
414 Ebenda, S. 76.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur