Page - 151 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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6. BÜRGERLICHES SAMMELN UND ORDNEN VON PORTRÄTGRAFIK IM 18. JAHRHUNDERT 151
von Bildnissen ein.480 Ein halbes Jahrhun-
dert zuvor zitiert Sigmund Jakob Apin den
Rezensenten eines Porträtwerks, „daß bey
Portraits dieser vortreffliche Nutze sich
zeige, daß man aus der Gesichts-Bildung
jedes Menschen innern character erkennen
könne […]“.481 Es sei allerdings zu wün-
schen, „daß man der Persohnen moralischen
character mit wenig Worten unter jegliches
Portrait beysetzete.“ Diese beigefügten Be-
schreibungen seien laut Apin notwendig,
um sich ein untrügliches Urteil über den
Charakter eines Dargestellten zu bilden.
Denn viele verstehen es, sich, gerade wenn
sie porträtiert werden, meisterlich zu ver-
stellen. Zudem können die gedruckten Verse
und Unterschriften unter den Porträts mit-
unter mehr Lob enthalten, als der Person
tatsächlich zusteht.482
Apin, der selbst Sammler war, verweist in seinem Handbuch nachdrück-
lich auf den Aspekt des Nützlichen, der aus einer Sammlung von Porträt-
stichen zu erwarten ist, und widmet diesem ein eigenes Kapitel. Der Vorteil
einer solchen Sammlung bestehe im immerfort zugänglichen Anschauungs-
material, welches, in entsprechender „Einrichtung“, mit einer Zunahme
historischer und kunsthistorischer Erkenntnisse verbunden sei. Eine auf
dieses Ziel ausgerichtete Sammlung unterstütze genealogische, heraldische
und numismatische Studien gleichermaßen. Die Erinnerungsfunktion der
Porträts bestehe einerseits im Gedenken an verstorbene oder „abwesende
Gelehrte, die man auf Reisen gesprochen“ und welche man sich beim Be-
trachten der Bildnisse wieder vergegenwärtigt, andererseits im Zurückru-
fen von aus dem Gedächtnis entfallenen Lebensgeschichten und Werken der
480 „Nichts ist also gewisser, als dieses, daß wir aus der Gestalt der Menschen, vorzüglich aus
ihrer Gesichtsbildung etwas von dem erkennen, was in ihrer Seele vorgeht“. Allgemeine
Theorie der schönen Künste in einzeln, nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter
auf einander folgenden Artikeln abgehandelt, von Johann George Sulzer, Dritter Theil
(Neue vermehrte Auflage), Leipzig, 1787, S. 600.
481 Apin bezieht sich dabei auf eine Rezension von Johann Leonhard Blancks „Bildnisse Be-
rühmter Künstler, Buchhändler, Buchdrucker und Anderer Männer […], Nürnberg, 1725,
erschienen in den „Fraenckischen Acta erudita et curiosa“, Dritte Sammlung, Nürnberg,
1726, S. 201–206.
482 Apin (1728), S. 68.
Abb. 38: Sigmund Jakob Apin
(1693–1732)
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur