Page - 153 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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6. BÜRGERLICHES SAMMELN UND ORDNEN VON PORTRÄTGRAFIK IM 18. JAHRHUNDERT 153
schichte“ sowie zur „Trachten- und Moden-Geschichte“. Der praktische Um-
gang mit den Bildnissen, diese „bald so, bald anders, zu ordnen“, sei laut Will
ein „anständiger Zeitvertreib“ und eine „Erholung in Stunden, in welchen
man sich mit nichts anders beschäftigen kann und darf“.488
6.4 Formen bürgerlicher Porträtstichsammlungen
Bildnisgalerien in Form von Gemälden gehörten im 18. Jahrhundert nicht
nur zur Grundausstattung aristokratische Herrschaftssitze. Auch geistli-
che Residenzen verfügten über Gemäldesammlungen, die Angehörige der
Ordensgemeinschaft in einer Art geistlichen Ahnengalerie an den Kloster-
wänden versammelten. In den Universitäten und Akademien wurde der
Lehrkörper in Form von Professorengalerien, zumeist in den Bibliotheken,
den Studenten vor Augen geführt. Rathäuser und Stadtgerichte waren oft
mit Ratsherren- oder Richtergalerien ausgestattet. Sogar Stadtbibliotheken
stellten in ihren Büchersälen die Porträts von Gelehrten oder Stiftern öf-
fentlich zur Schau.489 Immer ging es dabei um die Demonstration einer ge-
meinsamen Geistes- und Standeszugehörigkeit nach außen. Wo Gemälde
nicht verfügbar waren, übernahmen vielfach gedruckte Bildnisgalerien diese
Funktion. Durch die Sammeltätigkeit des Adels angeregt, begann man auch
in den Klöstern, Kupfer- und Porträtstichsammlungen anzulegen,490 in den
Universitäten entstanden grafische Sammlungen von Professorenbildnissen.
Umgekehrt konnten die nichtinstitutionellen, privaten Sammlungen des
Bürgertums durchaus auch Bildnisse dynastischer Familien oder geistlicher
Würdenträger enthalten, insbesondere dort, wo es sich um auf bestimmte
Regionen beschränkte Sammlungen handelte. Anhand der Analyse von
zeitgenössischen Beschreibungen, Zeitungsannoncen, gedruckten Ver-
zeichnissen oder Katalogen zu druckgrafischen Porträtsammlungen des
18. Jahrhunderts in bürgerlichem Privatbesitz lassen sich hinsichtlich deren
inhaltlicher Zusammensetzung verschiedene Formen von Sammlungen un-
terscheiden. Je nachdem, worauf sich das Interesse des jeweiligen Sammlers
488 Ebenda, S. X.
489 So etwa in der alten Stadtbibliothek in Frankfurt. Ein Verzeichnis der dort öffentlich
ausgestellten Porträts führt Henrich Sebastian Hüsgen in seinen „Nachrichten von Fran-
ckfurter Künstlern […]“, Frankfurt, 1780, S. 233, an.
490 Ein frühes und seltenes Beispiel geistlichen Grafiksammelns stellen die drei Klebebände
des Passauer Diözesangeistlichen Max Gandolf Steyerer von Rothenthurn (1668–1755) in
der Grafischen Sammlung des Bistums Passau dar. Vgl. Brakensiek (in Leuschner, 2003),
S. 23–26. Im umfangreichen Bestand der Grafischen Sammlung des Stiftes Göttweig do-
minieren thematisch die Porträtstiche. Vgl. Lechner/Grünwald (2010), S. 69.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur