Page - 159 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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6. BÜRGERLICHES SAMMELN UND ORDNEN VON PORTRÄTGRAFIK IM 18. JAHRHUNDERT 159
gung der schwedischen Geschichte
und umfasste nahezu sämtliche Re-
genten und deren Familien, wovon
Berch von einigen Personen mehr als
vierzig verschiedene Porträtstiche
besaß, die er in genealogisch-histo-
rischer Abfolge reihte. Dazu kamen
Staatsmänner, Militärs, Gelehrte,
Handelsleute oder Künstler, die ent-
weder im Königreich geboren wurden
oder längere Zeit dort wirkten.
In den freien Reichsstädten erholte
sich der Handel nach Ende des Drei-
ßigjährigen Kriegs nur allmählich.
Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts
erfuhren Städte wie Nürnberg, Augs-
burg oder Frankfurt wieder einen re-
lativen wirtschaftlichen Aufschwung,
der zugleich auch dem Kunstbetrieb
einen belebenden Impuls versetzte.
Die Bürger in den vom Patriziat do-
minierten Reichsstädten widmeten sich vermehrt der Malerei und der weit
erschwinglicheren Kupferstecherkunst, wobei das Porträtfach eines der
beliebtesten war.508 Ein zunehmendes Selbstdarstellungsbedürfnis breiter
Schichten der Stadtbevölkerung, allen voran in Augsburg und Nürnberg,
führte in den Jahrzehnten um 1700 zu einen enormen Anstieg kleinforma-
tiger Porträts von Ratsherren, Gelehrten, Kaufleuten, aber auch einfachen
Handwerkern und Bürgern, die sie von mehr oder weniger begabten Künst-
lern in Kupfer stechen ließen.509 Gemeinsam mit den Bildnissen verstorbener
Adeliger und wohlhabender Bürger aus den um die Mitte des 18. Jahrhun-
derts wieder weitgehend außer Gebrauch gekommen illustrierten Leichen-
predigten stellten diese kleinformatigen Porträtstiche bald ein beliebtes
Sammelobjekt dar. Auch die überwiegend protestantische Geistlichkeit in
Nürnberg und der „paritätischen Reichsstadt“ Augsburg ließ sich auf diese
Art abbilden, was zum einen die Lehrtradition der Stadt fundieren sollte
508 Zum Kunstgeschmack des bürgerlichen Sammlerpublikums im 18. Jahrhundert vgl.
North (2002).
509 Zu den produktivsten Bildnisstechern in Nürnberg zählten um 1700 die Brüder Georg
(vor 1646–vor 1722) und Michael Fenitzer (vor 1641–1701) sowie bis 1680 Johann Fried-
rich Leonard (1633–1680).
Abb. 40: Carl Reinhold Berch, Catalogue de
Portraits [...], 1767
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur