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III.
ORDNUNGSSTRATEGIEN166
Einlegen in Portefeuilles erfuhr der jeweilige Systematisierungsansatz auch
räumlich seine Umsetzung, meist mit nach außen hin sichtbaren Klassen-
bezeichnungen. Das Modifizieren der festgesetzten Ordnung, das Neuarran-
gieren und Umlegen einzelner Blätter von einem Band in einen anderen,
um sie dann in neuen Kombinationen zu betrachten, war dabei nichts Un-
gewöhnliches. In der Vorrede zu seinem „Bilder-Sal heutiges Tages leben-
der und durch Gelahrtheit berühmter Schrifftsteller“ (1741) räumt der Her-
ausgeber Johann Jakob Brucker ein, er habe die Lebensbeschreibungen der
Dargestellten direkt den Porträtstichen beigefügt, „damit sie ein jeder nach
eigenem Belieben und Urtheil ordnen könne“533 Auch in dem mehrbändigen
Porträtwerk „Leben und Bildnisse der großen Deutschen“ von Anton Klein
(1785) verspricht der Herausgeber, um „dem Liebhaber das Vergnügen zu
lassen, seiner Zeit die Kupfer und Leben nach seinem Gefallen zu ordnen,
werden dieselben weder nach den Staenden oder Gefaechern, noch nach der
Zeitordnung gesetzt“.534
Der Unterschied zwischen der Gliederung von Kupferstichsammlungen
und Porträtstichsammlungen ist im Prinzip einfach: Hier legt man die Blät-
ter nach den ausführenden oder entwerfenden Künstlern ab, dort nach den
dargestellten Persönlichkeiten. Die Systematik orientiert sich also in erster
Linie daran, welche Personen in der Sammlung vertreten sind. Aus diesem
Gefüge ergibt sich dann die Frage nach den Ordnungskriterien.
Die Vielzahl unterschiedlicher Porträtstichsammlungen des 18. Jahrhun-
derts wies daher nicht bloß einen einzigen Systematisierungsansatz, son-
dern ein Nebeneinander verschiedener Formen von Klassifikationen auf.
Man begegnet alphabetischen, chronologischen oder klassifikatorischen Ord-
nungsansätzen, vielfach auch einer Kombination mehrerer Modelle, etwa
das eine als oberstes Ordnungsprinzip und ein anderes in der Gliederung der
Unterabteilungen. Anhand zeitgenössischer Quellen wie Anzeigen, Aukti-
onskataloge oder erhaltener Inventare lassen sich die verschiedenen Formen
von Ordnungsansätzen nachvollziehen.
6.5.1 Alphabetische und chronologische Aufstellung
Einer rein alphabetischen Reihung als erstes Ordnungsprinzip einer Bild-
nissammlung begegnet man tatsächlich äußerst selten. Von einer Einrich-
tung nach dem Alphabet, wie er sie bei einem zeitgenössischen Sammler
hinzu geschrieben“. Vgl. Hirsching, Bd. 2 (1787), S. 426.
533 Brucker, Bd. 1 (1741), Vorrede.
534 Klein, Bd. 1 (1785), Vorbericht.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur