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III.
ORDNUNGSSTRATEGIEN170
der Dargestellten zu ordnen („Les
Portraits seroient rangez par conditi-
ons“).549 Analysiert man die Struktu-
ren größerer Privatsammlungen, so
gelangt man zu der Erkenntnis, dass
es sich bei der von Apin und Dezal-
lier d’Argenville propagierten Ord-
nung nach berufs- bzw. sozialständi-
schen Aspekten um die verbreitetste
Form der Gliederung von Bildnis-
sammlungen handelte. In bürgerli-
chen Sammlungen hatte sich ebenso
wie in den Kollektionen aristokra-
tischer Sammler eine an der stän-
dischen Sozialordnung orientierte
Systematik durchgesetzt. Die Bild-
nisse des Adels, wenngleich auch
zahlenmäßig geringer vertreten,
standen auch in den bürgerlichen
Kollektionen zumeist an der Spitze
einer mehrteiligen, hierarchisch auf-
gebauten Ordnungsstruktur.
Ein besonders bemerkenswertes
Beispiel stellt dabei die vom Haupt-
vertreter der Berliner Aufklärung,
dem Schriftsteller Friedrich Nicolai (1733–1811) handschriftlich verfasste
Systematik zur eigenen Porträtsammlung dar, die im Landesarchiv Berlin
aufbewahrt wird. Nicolais Sammlung von Porträtstichen gelehrter Persön-
lichkeiten umfasste annähernd 7000 Blätter in 12 Klebebänden. Die erste
Ordnungsklasse der Bildnissammlung bildet auch beim aufgeklärten Ge-
lehrten Nicolai jene der „Kaiser, Könige, Fürsten und Minister“, jedoch mit
dem Zusatz „welche die Wissenschaften befördert haben“. Unmittelbar da-
nach, an zweiter Stelle und zugleich an der Spitze der bürgerlichen Gelehr-
ten- und Künstlerporträts, stehen bei Niolai die „Gelehrten Frauenzimmer“.
550 Nicolais Zeitgenosse Johann Andreas Gottfried Schetelig brachte es gar
549 „Lettre sur le choix & l’arrangement d’un Cabinet curieux, écrite par M. Des-Allier d’Ar-
genville, Secretaire du Roy en la Grande Chancellerie, à M. de Fougeroux, Tresorier-Pay-
eur des Rentes de l’Hotel de Ville“. In: Mercure de France, Juni 1727, S. 1304.
550 Berlin, Landesarchiv, E Rep. 200-02-01, Nr. 1, Bl. 96. Ich bedanke mich an dieser Stelle
ganz herzlich bei Frau Dr. Regina Rousavy vom Landesarchiv Berlin für ihre erfolgreiche
Abb. 43: Friedrich Nicolais „Klassen der
Bildersammlung“
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur