Page - 196 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
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III.
ORDNUNGSSTRATEGIEN196
die Alben mit den Porträts französischer, italienischer, deutscher und nie-
derländischer Könige und Fürsten650 ebenso wie die Bände mit Gelehrten,
Ärzten und Malern651 oder die Porträts in Holzschnitten.652
Im 18. Jahrhundert wurde es zunehmend gebräuchlich, Kupferstichka-
binette systematisch nach kunstwissenschaftlichen Gesichtspunkten ein-
zurichten. Der wissenschaftliche Anspruch der Aufklärung förderte me-
thodische Ordnungslehren zutage, wie Karl Heinrich von Heinekens „Idée
générale d‘une collection complette d‘estampes“ (1771) oder Adam von
Bartschs ab 1803 erschienenes Hauptwerk „Le Peintre graveur“.
Eine der frühesten überlieferten theoretischen Abhandlungen stammt von
dem französischen Gelehrten Antoine-Joseph Dezallier d’Argenville, der ne-
ben einer umfangreichen Muschelsammlung auch eine erlesene Kollektion
von Handzeichnungen und Kupferstichen besaß. 1727, ein Jahr vor Erschei-
nen Sigmund Jakob Apins „Anleitung, wie man die Bildnisse berühmter und
gelehrter Männer mit Nutzen sammeln soll“, veröffentlichte er im „Mercure
de France“ einen Brief, in welchem er unter anderem Leitlinien für die Aus-
wahl und Ordnung einer Kupferstichsammlung formulierte.653
Darin plädiert Dezallier d’Argenville für das Nebeneinander einer Ord-
nung nach Schulen und einer nach ikonografischen Gesichtspunkten als die
zweckmäßigste Gliederung einer Sammlung, da dieses sowohl die Entwick-
lung eines einzelnen Künstlers als auch Unterschiede verschiedener Meister
bei der Behandlung des gleichen Sujets sichtbar mache. In eine Sammlung
von Porträts seien laut d’Argenville nur solche Blätter aufzunehmen, welche
entweder von berühmten Malern oder exzellenten Stechern stammen oder
aber sehr berühmte Personen darstellen.654 Die Porträts wären dann nach
Ständen zu ordnen, ebenso wie Landschaftsdarstellungen nach Ländern
gruppiert werden.655 Innerhalb der einzelnen Gruppen wie Kaiser, Päpste
etc. sei wiederum eine chronologische Ordnung einzuhalten.656
res et inventaires particuliers de diverses choses trouvées dans la Bibliothèque du Roy au
mois de may 1684, fol. 1–21.
650 Ebenda, Nr. 192–198 sowie Nr. 235–239.
651 Ebenda, Nr. 241.
652 Ebenda, Nr. 243.
653 Mercure de France, Juni 1727, S. 1300–1316. Siehe Anm. 549
654 „Les Portraits seroient rangez par conditions, & l’on n’y admettroit que ceux qui sont
gravez par les grands Peintres ou par d’excellens Graveurs, ou enfin les personnes très-il-
lustres […]“. Ebenda, S. 1304.
655 „Ce sont donc trois ordres principaux que l’on se propose dans l’arrangement de ce Cabi-
net; l’Histoire par matieres, le Portrait par Conditions, & le Paysage par Pays“. Ebenda,
S. 1305.
656 „[…] par exemple, les Portraits des Empereurs ou des Papes, suivant le temps qu’ils ont
vécu […]“. Ebenda, S. 1306.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur