Page - 262 - in Porträtgalerien auf Papier - Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
Image of the Page - 262 -
Text of the Page - 262 -
III.
ORDNUNGSSTRATEGIEN262
Nachkommen einer Linie mit jenen überein, mit welchen die Stammtafeln
enden. Bis auf einige nachträgliche Ergänzungen reichen etwa die Tabellen
gräflicher Familien nur bis in die 1740er-Jahre. Dies lässt sich ganz rational
dadurch erklären, dass die zweite Auflage des zweiten Teils von Hübners
Werk, die dem Kaiser bei der Erstellung der gräflichen Inventarlisten vor-
lag, bereits 1744 erschien.
Die offensichtlich zeitgleich angelegten chronologischen Tabellen erfassen
die Regenten gemäß der dynastischen Erbfolge oder Regierungsabfolge in
ihren jeweiligen Herrschaftsgebieten.809 Viele von ihnen beginnen mit sagen-
haften Ahnen aus ferner Vergangenheit. Auch hier bildet das oberste Ord-
nungskriterium der Herrschaftsrang, wobei an der Spitze die Päpste stehen
und am Ende die zu den Reichsständen zählenden Ritterorden. Die Titelbe-
zeichnungen der einzelnen Faszikel lauten hier: Päpste, Kayser und Könige
– Erzherzoge Großherzoge und Herzoge – Großfürsten Fürsten und Geist-
liche Fürsten – Grafen Landgrafen und Markgrafen – Herren und Groß-
meister. Innerhalb des gleichen Ranges erfolgte die Ordnung wiederum in
alphabetischer Reihenfolge anhand der Namen der Herrschaftsgebiete und
Territorien.
In diesen Aufstellungen wurden ausschließlich Potentaten ehemals oder
aktuell regierender Häuser ohne deren Angehörigen verzeichnet. Kaiser,
Könige und sonstige Fürsten folgen in strikter chronologischer Reihenfolge
samt Angabe ihres Regierungsendes. Zusätzlich wurde jeder Person eine
chronologische Ordnungszahl zugewiesen. In einigen Fällen finden sich
auch persönliche Anmerkungen des Kaisers zum Ende einer Regierung,
etwa „nach Spanien gegangen“ oder „nach Sizilien geflüchtet“, wie im Falle
der Könige von Neapel aus dem Hause Bourbon.810 Bisweilen vermerkte er
auch das Fehlen eines Porträts. Die Liste der Könige von Ungarn führte er
bis zum eigenen Namen „Franciscus I.“. Neben dem Eintrag der Großmutter
Maria Theresia notierte er mit Bleistift „geht ab“.811
Auch die chronologischen Verzeichnisse wurden anhand von Nachschla-
gewerken und genealogischen Tabellen erstellt. Sie dokumentieren das
Streben des Kaisers nach Vollständigkeit und die Tendenz zum Schließen
von Lücken innerhalb der dynastischen Abteilung. Bereits im Geschichts-
unterricht des Erzherzogs Franz bildete die tabellarische Auflistung von
Regenten nach deren Regierungsperioden einen obligatorischen Bestand-
Rödelheim, in Wildenfels und in Baruth. Vgl. Hübner, Zweyter Theil (1744), Tab. 390-400
bzw. ÖNB, BAG, FKB 28032/4/4, „Grafen von Solms“.
809 ÖNB, BAG, FKB 28032/4/1-5.
810 Bei Karl VII. (1716–1788) bzw. dessen Sohn Ferdinand IV. (1751–1825).
811 ÖNB, BAG, FKB 28032/4/1, Könige von Hungarn.
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur