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III.
ORDNUNGSSTRATEGIEN270
mentalisten – sowie „Theaterleute“,
die Franz ebenfalls samt deren Me-
tier, ob Sängerin oder Komödiant,
verzeichnete.
In den Klassenbezeichnungen
spiegeln sich auch Kriterien jenseits
beruflicher oder sozialer Zugehö-
rigkeit, in Richtung moralisch oder
physisch charakterisierender Merk-
male, wie etwa „Verbrecher“, unter
welchen Franz im Katalog jeweils
deren Vergehen vermerkte („Räu-
ber“, „Königsmörder“, „Französische
Vergifterin“), oder „Wunderbare Geschöpfe“, unter denen Darstellungen von
Zwergen, Greisen oder Personen von außergewöhnlicher Physiognomie ab-
gelegt wurden. Die dogmatisch katholische Perspektive des Kaisers offen-
bart sich wiederum deutlich in der Klassenbezeichnung „Ketzer“, worunter
einem neben Sektierern, Exulanten und Wiedertäufern auch Reformatoren
wie Martin Luther, Philipp Melanchton, Johannes Calvin oder Huldrych
Zwingli begegnen.824 Die marginale Rolle der Frau im öffentlichen Leben
spiegelt sich in der vergleichsweise geringen Anzahl an Frauenbildnissen
der nicht dynastischen Abteilung, welche sich zum einen auf berufsständi-
sche Klassen wie jene der „Mahler“ oder „Theaterleute“ verteilen oder mit
den „Klosterfrauen“ und „verschiedenen Frauen“ eigene Ordnungsklassen
innerhalb der Systematik bilden. Letztere, welche immerhin 385 Bildnisse
umfasst, beinhaltet zumeist porträtwürdige Ehefrauen verdienter Männer.
Ursprünglich waren diese unter der Kategorie „Verschiedene Portaite“ ab-
gelegt. Franz überführte sie schließlich zur Gänze in eine eigene Ordnungs-
klasse „Verschiedene Frauen“. Die ursprüngliche Rubrik „Verschiedene
Portraite“ wurde daraufhin umbenannt in „Männer Verschieden deren Ei-
genschaft nicht bekannt ist“.825
8.4 Inventarisierung und Neuorganisation durch Leopold Joseph
von Khloyber
Wenige Jahre vor der letzten großen Erwerbungsinitiative des Kaisers – per
824 Die Bildnisse Martin Luthers wurden erst gegen Ende des Jahrhunderts in die Klasse der
„Gottesgelehrten“ verlegt.
825 ÖNB, BAG, FKB 28032/7.
Abb. 82: Portefeuilles mit
Klassenbezeichnungen: Minister,
Missgestalten
Porträtgalerien auf Papier
Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Title
- Porträtgalerien auf Papier
- Subtitle
- Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz‘ I. von Österreich und anderer fürstlicher Sammler
- Author
- Patrick Poch
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20855-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Arts, Art Collector, 18th Century, Citizens, Antique Portraits, Kunstsammler, 18. Jahrhundert, Bürger, Antike Porträts, HBJD, European History
- Category
- Kunst und Kultur