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Historische Umbrüche im wissenschaftlichen Publikationswesen 25
eingriffe der Obrigkeit zu verteidigen suchten, verdeutlicht das Bittgesuch
der Leipziger Verleger und Buchhändler von 1616. Die sächsische Regierung
hatte verordnet, dass von allen Werken kostenfreie Pflichtexemplare an die
Universitätsfakultäten und die staatlichen Bücherkommissionen zu liefern
wären. Die daraus resultierenden steigenden Buchpreise, so schrieben die
Verleger, würden »alleine oder ie meistentheils […] den ordinem literatorum,
Kirchen, Academien, Schulen, Pfarrherrn, Professores, Praeceptores, Scho-
laren, unndt dergleichen«9 treffen. Klaus Saur nennt bspw. für die im Ba-
rock größte Buchmesse in Frankfurt acht Pflichtexemplare, die um 1700 der
Erbprinz von Hessen zu Zensurzwecken von den ausstellenden Verlegern
verlangte, und die aus wirtschaftlichen Gründen für diese nicht realisierbar
waren.10
1.2 Paradigmenwechsel als Voraussetzung für
eine Wissenschaft der Aufklärung
Diese historischen Beispiele verdeutlichen zweierlei. Zum einen weisen die
Argumentationen der privatwirtschaftlichen Verlagskonsortien eine bemer-
kenswerte historische Kontinuität auf, wie es ihre aktuelle Lobbyarbeit hin-
sichtlich öffentlicher Marktsteuerungen (»Plan S« oder etwaige europäische
Urheberrechtsreformen zu Gunsten der Wissenschaft) zeigt. Zum anderen
kommt einem von staatlicher Lenkung unabhängigem wissenschaftlichen
Publikationswesen dann eine besondere Bedeutung zu, wenn das Wissen-
schaftssystem auch kritikfähig gegenüber der Obrigkeit sein sollte. Die zu-
vor geschilderten sozioökonomischen Rahmenbedingungen, die zu Zeiten
der ersten wissenschaftlichen Zeitschriften herrschten, lassen sich mit Be-
trachtungen zu den epistemologischen Veränderungen der Wissensgenerie-
rung abrunden, wonach vor allem Descartes und Francis Bacon mit ihren
Werken die »methodischen Weichen für die Zukunft« stellten. Sie schufen
damit die theoretischen Grundlagen für eine Forschung, die induktiv und
deduktiv vorging und sich nicht mehr dem Diktat der klerikalen Interpreta-
9 Ebd., 30.
10 Vgl. Klaus. G. Saur, »Kleine Geschichte der Buchmesse in Leipzig«, in Die innovative Biblio-
thek, hg. v. Erland Kolding Nielsen, Klaus G. Saur und Klaus Ceynowa (Berlin, Boston: De
Gruyter Saur, 2005).
Publikationsberatung an Universitäten
Ein Praxisleitfaden zum Aufbau publikationsunterstützender Services
- Title
- Publikationsberatung an Universitäten
- Subtitle
- Ein Praxisleitfaden zum Aufbau publikationsunterstützender Services
- Authors
- Karin Lackner
- Lisa Schilhan
- Christian Kaier
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5072-7
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Wissenschaftliches Publizieren, Publikationsberatung, Bibliothek, Informationswissenschaft, Bibliothekswissenschaft, Universität, Verwaltung, Wissenschaft, Bildung
- Category
- Medien