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Rausch der Verwandlung
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Page - 67 - in Rausch der Verwandlung

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angeschwungen, die rückgeworfene Drehtür, den kleinen Boy, der sie halten soll, schlägt sie lustig mit dem Handschuh auf die Schulter, ein Ruck reißt die Kappe vom Haar, der zweite den Sweater vom Leib, alles drückt, alles engt ihr die stürmische Bewegung. Dann stellt sie sich unbekümmert vor den Spiegel, um sich herzurichten: ein paar Striche am Kleid, die zerrüttete Mähne zurückgeschüttelt, fertig, Schluß, und noch reichlich zerstrubbelt, die Wangen heiß gestriemt vom Wind, steuert sie geradewegs auf einen Tisch zu – sie kennt schon alle Leute –, um zu erzählen. Immer hat sie was zu erzählen, immer hat sie gerade was erlebt, immer war es herrlich, wunderbar, unbeschreiblich, jedes füllt sie heiß mit ihrer dampfenden Begeisterung, und selbst der Fremdeste spürt, hier kann ein überfüllter Mensch den Überdruck seiner Dankbarkeit nicht anders ertragen, als daß er sie weitergibt. Sie kann keinen Hund sehen, ohne ihn zu streicheln, jedes Kind nimmt sie auf den Schoß, um ihm die Wangen zu liebkosen, für jedes Dienstmädchen, für jeden Kellner findet sie ein rasches gefälliges Wort. Sitzt jemand mürrisch oder gleichgiltig da, gleich rüttelt sie ihn mit gutmütigem Spaß, jedes Kleid bewundert sie, jeden Ring, jeden Fotografenapparat, jedes Zigarettenetui, alles nimmt sie in die Hand und leuchtet es an mit Begeisterung. Über jeden Scherz lacht sie, jede Speise findet sie herrlich, jeden Menschen gut, jedes Gespräch amüsant: alles, alles ist herrlich in dieser obern, dieser einzigen Welt. Unwiderstehlich ist dieser Elan ihres leidenschaftlichen Wohlwollens, jeder der mit ihr beisammen ist, wird unwillkürlich von ihrer Vehemenz angesprüht, selbst die griesgrämige Geheimrätin in ihrem Armstuhl bekommt vergnügte Augen, wenn sie ihr hinter dem Lorgnon nachblickt, der Portier grüßt ihr besonders freundlich zu, die steifleinenen Kellner rücken ihr sorglich den Stuhl zurecht, und gerade die älteren, strengeren Leute freuen sich über so viel Froheit und Empfänglichkeit. Trotz allerhand Kopfschütteln über einzelne Naivitäten und Überschwenglichkeiten begegnet Christine von allen Seiten Gegenblicken herzlicher Einladung, und nach drei, vier Tagen ist das allgemeine Votum von Lord Elkins bis zum letzten Pagen und Liftboy, daß dieses Fräulein von Boolen ein bezaubernd herzliches Wesen sei, »a charming girl«. Und sie fühlt diese wohlgesinnten Blicke, sie genießt ihr Gerngesehensein als Steigerung ihres Daseins und Dabeiseindürfens und wird dank dieser allgemeinen Neigung noch glücklicher in ihrem Glück. Ein persönliches Interesse, eine werbende Neigung zeigt von allen im Hotel am deutlichsten der Mann, von dem sie solche Huldigung am wenigsten zu erwarten gewagt hätte, General Elkins. Mit der Scheu des Alters, mit der zarten und rührenden Unsicherheit eines Mannes, der die gefährlichen Fünfzig längst überschritten hat, sucht er immer wieder unauffällige Gelegenheit, ihr nahe zu sein. Sogar die Tante bemerkt, daß er sich heller, 67
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Rausch der Verwandlung
Title
Rausch der Verwandlung
Author
Stefan Zweig
Date
1982
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
204
Categories
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